Interview mit Paula Radcliffe

26. März 2019

2003 stellte Paula Radcliffe am London-Marathon einen Rekord für die Ewigkeit auf. Ihre 2:15:25 haben heute, 15 Jahre später, immer noch Bestand. Mittlerweile hat die zweifache Mutter und sechsfache Weltmeisterin die Seite gewechselt: Sie arbeitet als Trainerin von ambitionierten Athleten und ist als Botschafterin diverser Organisationen unterwegs.

Eliud Kipchoge hat im vergangenen Herbst in Berlin den Marathon-Weltrekord gebrochen und auf ein ähnlich unerreichbar scheinendes Niveau gehoben, wie du dies vor 15 Jahren getan hast. Ist das Ende der Fahnenstange schon erreicht oder was ist in deinen Augen noch möglich?

Ich denke, es war bereits ein grosser Schritt nach vorne von Kipchoge. Schon in Monza  bei seinem inoffiziellen Weltrekordversuch konnten wir sehen, dass er in der Lage ist, den Weltrekord auf beeindruckende Weise einzustellen. Und jetzt hat er es geschafft. Ich glaube, dass er den anderen im Moment ein wenig voraus ist und der Rekord für eine Weile bestehen wird. Wenn jemand noch näher an die Zwei-Stunden-Marke herankommt, dann er - und ich denke, es wird eine gewisse Zeit dauern, bis diese Zwei-Stunden-Barriere durchbrochen wird. 

2015 hast du deine erfolgreiche Karriere beendet. Was würdest du anders machen, wenn du das Rad der Zeit zurückdrehen könntest? 

Ich glaube fest an «no regrets» - du gibst immer das Allerbeste, bist stolz auf das, was du erreicht hast und akzeptierst das, was nicht funktioniert hat und lernst daraus. Natürlich war ich nicht glücklich, dass ich vor den Olympischen Spielen in Athen und Peking verletzt war, denn dadurch konnte ich nicht so schnell laufen, wie ich eigentlich in der Lage gewesen wäre. Aber ansonsten hatte ich meistens wirklich Glück. Dinge haben öfter geklappt als nicht geklappt.

Welches sind deine Trainingsprinzipien? Können diese auch von Hobbysportlern angewendet werden? 

Ja, denn es geht vor allem darum, das Laufen zu geniessen. Das ist das Wichtigste, um langfristig Spass daran zu haben. Weiter ist es wichtig, dass man seine Stärken und Schwächen kennt. Natürlich müssen wir an unseren Schwächen arbeiten, aber wir müssen auch erkennen, worin wir gut sind und das Training sowie den Wettkampf dann an unsere Stärken anpassen. Und natürlich hilft es, einen Plan zu haben und sich daran zu halten. Diese Prinzipien sind übrigens in meinem Online-Trainingsplan running.COACH integriert. Am besten probierst du es sogleich aus!

Kannst du uns ein paar Tipps für die letzte Vorbereitung für ein Rennen geben?

Gerade bei einem Marathon- oder Langstreckenlauf ist es wirklich wichtig, ein paar Trainingsläufe in dem Outfit und den Schuhen zu absolvieren, die man am Tag X tragen wird.

Unmittelbar vor dem Rennen sind die letzten Vorbereitungen abgeschlossen, so dass der Schwerpunkt darauf liegen sollte, sich gut zu fühlen und sich von der ganzen harten Trainingsarbeit zu erholen. Jetzt empfehle ich nur noch lockere Läufe mit ein paar Steigerungsläufen, Speicher auffüllen, Stretching und Massage.

Und natürlich solltest du sicherstellen, dass du in der Woche des Rennens viel schläfst. Viele Läufer schlafen in der Nacht vor dem Rennen nicht besonders gut. Das ist nicht so tragisch, wenn du mit den Nächten davor den "Schlafspeicher" gefüllt hast. 

Und zu guter Letzt: Ernähre dich gut!

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst? 

Vergiss niemals, dass auch die Erholung ein wichtiger Aspekt des Trainings ist. Oftmals denkt man nicht daran und achtet nur darauf, non-stop zu laufen und zu trainieren. Doch wenn dein Körper und dein Geist müde sind, ist ein Erholungstag manchmal das beste Training überhaupt.

Foto: ZVG