Frauen im Sport

Maja Neuenschwander 28. Januar 2021

Die physiologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind nicht nur sichtbar, sondern auch die logische Erklärung, warum – natürlich abhängig von Sportart und Dauer des Wettkampfes – die Leistungsunterschiede um 6-30% differieren.

Battle of sexes! - Von wegen «kleine Unterschiede»

Die Körper von Frauen und Männer unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Nicht nur durch Körpergrösse, Gewicht oder Geschlechtsmerkmale, sondern auch bezüglich physiologischer Grössen. Konkret bedeutet das: Frauen sind im Schnitt rund 10 cm kleiner und etwa 12 kg leichter als Männer. Nachweisen lassen sich Geschlechtsunterschiede aber auch bei den Organen Herz und Lunge. Frauen haben ein kleineres Sportherz, dadurch eine höhere Herzfrequenz bei mittleren sportlichen Belastungen (Laktatwerte bis zu 4mmol/l) – ebenso ist die Blutmenge wie die Konzentration an Sauerstoffträgern kleiner. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max), ein Parameter für die Belastungsintensität, fällt bei Frauen geringer aus. Die geringere Ausdauerleistungsfähigkeit zeigt sich auch in den tieferen Hämoglobinwerten (relevant für den Sauerstofftransport).

Der unterschiedliche Hormonstatus nach der Pubertät wirkt sich auch auf den Stoffwechsel aus. Frauen bauen unter Belastung mehr Fett, dafür weniger Eiweiss und Kohlenhydrate ab.

Die grössten Leistungsunterschiede bestehen bei kurzandauernden und kraftbetonten Sportarten. Männer haben aufgrund des höheren Testosteronspiegels durchschnittlich mehr Muskelfasern und deshalb auch eine grössere Maximalkraft. Den Leistungsunterschieden zu Grunde liegend ist der weibliche Zyklus und die damit verbundenen hormonellen Schwankungen und Auswirkungen.

«Women are not small men - stop eating and training like one.» (PHD Stacy Sims)

Die biologischen Voraussetzungen erklären, warum Frauen anders trainieren sollten als Männer.

Ein paar Beispiele, wie eine angepasste Trainingsgestaltung aussehen könnte:

  • Reizsetzung: Aufgrund des Hormonstatus können sich Frauen in den einzelnen Trainingseinheiten weniger ausbelasten und haben dadurch geringere Nachbelastungserscheinungen. Entsprechend kann der nächste intensive Trainingsreiz zeitlich früher gesetzt werden.
  • Umfang: Tendenziell muss der Trainingsumfang bei Frauen höher ausfallen.
  • Tapering-Phase: Der Leistungsverlust nach der letzten intensiven Belastung setzt früher ein, die letzte intensive Belastung sollte daher in kürzerem Abstand zum Zielwettkampf erfolgen (3-4 Tage).
  • Krafttraining: Wegen dem geringeren Testosterongehalt stellt sich der Trainingserfolg erst mit höheren Trainingsumfängen ein. Es ist sinnvoll, die anabolen (1. Zyklushälfte) und katabolen (2. Zyklushälfte) Zyklusphasen zu berücksichtigen.
  • Beweglichkeit: Aufgrund des weicheren Bindegewebes und der erhöhten Beweglichkeit sollte die Beweglichkeit nicht forciert, sondern kontrolliert ausgeführt werden. Bei Überbeweglichkeit ist ein Stabilitätstraining zu empfehlen.
  • Monitoring: Weit über die Hälfte der Frauen nimmt zyklusbedingte Einflüsse auf die individuelle Leistungsfähigkeit wahr. Es ist hilfreich, den Zyklus im Trainingstagebuch zu integrieren oder die möglichen Auswirkungen mittels Zyklus-App aufzuzeichnen.

Wie sieht dein zyklusgesteuertes Training in der Praxis aus?

Gerade die zyklusbedingten Einflüsse gilt es für die Trainingssteuerung zu berücksichtigen, denn die natürlichen Hormonschwankungen können das Training positiv wie auch negativ beeinflussen.

Konkret würde das bedeuten, dass in der ersten Hälfte des Zyklus vor allem die Steigerung von Kraft und Ausdauer im Zentrum steht. Die Trainingsintensität nimmt dann zu bis kurz nach dem Eisprung. In der zweiten Hälfte des Zyklus steht die Erhaltung von Kraft und Ausdauer im Vordergrund – die Trainingsintensität nimmt wieder ab.

Der Menstruationszyklus wird also innerhalb der Trainingssteuerung gezielt für Be- und Entlastungsspitzen genutzt. Ein zyklusgesteuertes Training funktioniert aber nur, wenn eine Frau ihren natürlichen Zyklus hat und keine Kontrazeptiva wie Pille oder andere hormonelle Verhütungsmittel einnimmt.

In der Podcastserie «smartHER– the women’s sportcast» sind in den Folgen mit Adrian Rothenbühler weitere Informationen zum zyklusgesteuerten Training (gendergerechte Trainingsplanung und zyklusgesteuertes Training) zu hören. Zu den Podcasts

Mehr Informationen unter: www.swissolympic.ch/fs