Skigang - Langlauftraining im Sommer

Linus Zemp 10. Oktober 2019

Bildmaterial ©Leki

Wer kennt die Situation nicht? Der erste Schnee ist gefallen und das Absolvieren der ersten Kilometer auf den Langlaufskis reizt besonders. Schon nach wenigen Kilometern merkt man jedoch, dass der Einsatz zwar gross ist, aber man nicht wirklich effizient vom Fleck kommt. Dass man mit spezifischem Training einen Schritt nach vorne machen könnte, ist jedem bewusst. Aber wie dies in der Praxis genau ausschaut, und wie es auch noch Spass machen kann, weiss selbst der ambitionierte Ausdauerathlet häufig nicht.

«Skigang» - die geeignete Trainingsform 

Denkt man an spezifisches Langlauftraining im Sommer, kommt einem als erstes vermutlich Nordic Blading (Inline Skating mit Stöcken) oder vielleicht auch noch Rollskilaufen in den Sinn. Eine sehr gute Variante ist jedoch auch der sogenannte «Skigang», das aktive Gehen mit Stöcken. Im Gegensatz zum Nordic Walking, wo man sich ebenfalls mit Stöcken fortbewegt, findet beim Skigang bei jedem Schritt ein explosiver Abstoss statt. Zudem wird im Gegensatz zum Nordic Walking der Armeinsatz ganz nach hinten durchgezogen. Nach jedem Beinabstoss findet eine ganz kurze Pause auf dem Standbein statt, ehe der nächste Abstoss erfolgt. Nicht die Geschwindigkeit ist dabei entscheidend, sondern vielmehr die Qualität der Bewegung, die der klassischen Langlauf-Technik so nahe wie möglich kommt.

Skigang wird im leicht oder moderat ansteigenden Gelände durchgeführt. Ist es flach oder abfallend, werden die Stöcke in der Mitte gefasst, und es kann damit gerannt werden. Die Stöcke, welche beispielsweise solche für das Trailrunning sein können, sollten ca. 75% der Körpergrösse messen.

Ein hervorragendes Ganzkörpertraining

Der Vorteil dieser Trainingsart liegt darin, dass der ganze Körper gefördert und gefordert wird. Der Beinabstoss kann gezielt trainiert werden und die Gefahr, dass der Abstoss zu weit hinten ausgelöst wird, wie es beispielsweise auf den Rollskis oft passiert, ist viel kleiner.

Obwohl das Training der klassischen Technik ziemlich nahekommt, ist es auch für Langläufer zu empfehlen, die in der Skating-Technik eine Verbesserung erzielen wollen. Ein weiterer Vorteil ist die grosse Einsatzmöglichkeit des Skigangs. So kann die Technik bei kurzen Aufstiegen genutzt und dabei beispielsweise mit Sprüngen gespickt werden. Auch kann sie in langen, extensiven Einheiten eingesetzt werden. Auch für Intervalltrainings ist der Skigang sehr gut geeignet, da der Puls gleichmässig auf einem hohen Level gehalten werden kann.

Die Möglichkeiten sind gross

Eine weitere Trainingsart, die sich mit den Stöcken anbietet, sind die sogenannten «Elchschritte». Die Bewegung ist dabei irgendwo zwischen dem Skigang und Schrittsprüngen anzusiedeln. Man ist dabei automatisch in einer hohen Bewegungsintensität unterwegs. Sie eignen sich daher für kürzere Einsätze von 50 bis 80 Meter mit mehreren Wiederholungen. Wer sich besonders fordern möchte, kann die Elchschritte natürlich auch für Intervall-Einheiten einsetzen, was viele professionelle Langläufer als ihre wichtigste Trainingseinheit bezeichnen.

Der Skigang geniesst vor allem bei eingefleischten Langläufern schon lange ein hohes Ansehen und wäre auch für andere Sportarten wie Laufen, Radsport oder andere Ausdauersportarten ein probates Trainingsmittel. Es kommt dem Trailrunning, das im Moment gerade einen Boom erlebt, ziemlich nahe, und es ist daher gut möglich, dass auch der Skigang davon etwas profitieren kann. Denn in welcher Ausdauersportart sind ein gutes Abstossverhalten, ein kräftiger Schultergürtel, sowie ein austrainiertes Herz-Kreislaufsystem schon nicht von Vorteil? Dass diese Trainingsart zudem in der Natur und in den Bergen stattfindet, macht sie umso attraktiver.

Skigang - 2 Trainingsvorschläge zum Nachmachen

Variante 1: Schwerpunkt Intervall-Training

Dauer: ca. 1h 30 min

15 Minuten Aufwärmen

Lockeres Joggen in einfachem Gelände. Die Stöcke können – in der Stockmitte gehalten – mitgeführt werden.

20 Minuten Skigang

Es geht jetzt darum in den richtigen Rhythmus für diese Technik zu gelangen. Achte darauf, dassder Beinabstoss dynamisch erfolgt und der Abdruck kurz und explosiv ist. Stell die Schlaufen richtig ein, damit die Arme beim Armabstoss richtig ausgestreckt werden können.

24 Minuten Intervall inkl. Pause

  1. 4 Minuten mit 85%-90% der maximalen Herzfrequenz. 2 Minuten Pause.
  2. 6 Minuten mit 80%-85% der maximalen Herzfrequenz. 2 Minuten Pause.
  3. 4 Minuten mit 80%-85% der maximalen Herzfrequenz. 2 Minuten Pause.
  4. 6 Minuten mit 85%-90% der maximalen Herzfrequenz. 2 Minuten Pause.

In den Pausen jeweils zurücklaufen, falls der Hügel nicht viele Höhenmeter aufweist. Falls ein Abschnitt ideale Steigungsgrade aufweist, kann er so auch einige Male genutzt werden. In flacheren Passagen Elchschritte einbauen, damit die Intensität hochgehalten werden kann. In Abwärtsabschnitten kann Jogging eingebaut werden. Nach Möglichkeit schauen, dass während der Belastungsphase in der Steigung trainiert werden kann. Das Ziel ist, dass die Intensität in der Serie 1 und 4 identisch ist. Sollte das Niveau abflachen, wurden die Kräfte schlecht eingeteilt. 

15 Minuten Schnellkraft/Stehvermögen

4x 50-60m Elchschritte in leicht steigendem Gelände. Ziel ist, dass die Qualität vom ersten Schritt weg optimal ist. Zwischen jedem Einsatz mindestens eine Minute Pause.

4x 40m Schrittsprünge in leicht steigendem Gelände. Pause: 90 Sekunden nach jedem Einsatz. Gemütlich zum Start zurückmarschieren, nicht Joggen!

15 Minuten Cool down

Gemütlicher Skigang oder Jogging mit 70% des Maximalpulses.

Variante 2: Schwerpunkt Schnelligkeit und Schnellkraft

Dauer: ca. 1h 25 min

25-30 Minuten lockeres Einlaufen mit Skigang

Die technische Ausführung so optimal wie möglich gestalten. Konzentration auf einen qualitativ guten Bein- und Armabstoss. Stockeinsatz gibt den Rhythmus vor! Ist dieser zu langsam, wird es nicht möglich sein, einen explosiven Abstoss zu erreichen. Die Übungen sollen helfen, die intramuskuläre Koordination zu verbessern, so dass mehr Muskelfasern auf einmal aktiviert werden können. Diese Anpassung ermöglicht es, auch über längere Strecken wesentlich effizienter laufen zu können.

25 Minuten Sprungkraft- und Schnelligkeitstraining

Serie 1

2x 15 Sprünge. Nach jedem Schritt zwei Sekunden auf dem Standbein bleiben und in der Grundposition verharren, wie man sie von der klassischen Langlauftechnik in der Gleitphase kennt. Dabei den Oberkörper aufrecht halten. Pause: 60 Sekunden nach jedem Einsatz. Gemütlich zum Start zurückmarschieren, nicht Joggen!

4x 15 Schrittsprünge mit Stöcken. Oberschenkel bei jedem Schritt in die optimale waagrechte Position bringen. Jeder der Schritte muss mit maximalem Einsatz erfolgen! Pause: 90 Sekunden nach jedem Einsatz. Gemütlich zum Start zurückmarschieren, nicht Joggen!

10 Minuten aktive Erholung mit Skigang

Serie 2

2x 12 Froschsprünge, möglichst hohe und weite Sprünge. Die saubere Durchführung hat oberste Priorität. Pause: 90 Sekunden nach jedem Einsatz. Gemütlich zum Start zurückmarschieren, nicht Joggen!

3x Bergaufsprints mit Stöcken, so schnell wie möglich. Pause: 90 Sekunden nach jedem Einsatz. Gemütlich zum Start zurückmarschieren, nicht Joggen!

25-30 Minuten Cool Down

Skigang oder Jogging.