Was bringt ein Koffein-Entzug?

21. Juli 2020

Manche Athleten setzen im Vorfeld eines Wettkampfs das Koffein ab in der Hoffnung, dadurch dessen Wirkung im Ernstfall zu erhöhen. Steigert das die Leistung?

 

Die Erkenntnis, dass Koffein bei vielen sowohl die Leistung wie auch die Leistungsbereitschaft im Sport erhöht, hat sich an breiter Front durchgesetzt. Koffein ist ein Aufputschmittel und hat eine allgemein anregende Wirkung, die rund 30 bis 90 Minuten nach Einnahme ihren Höhepunkt erreicht. Die Wahrnehmung von Müdigkeit, Belastung und Schmerzen wird reduziert. Koffein hat zudem Effekte auf die Muskelzelle, erhöht die Fähigkeit des Körpers, Kohlenhydrate aufzunehmen und verbessert die Fettverbrennung, und dies vor allem bei:

  • Ausdauerleistungen über 20 Minuten
  • hochintensiven Belastungen von 1 bis 20 Minuten
  • intensiven Intervallbelastungen (z.B. Teamsportarten)
  • Maximalkraftbelastungen

Koffein als Leistungsbooster während der sportlichen Anstrengung hat sich etabliert. Meist wird es vor (empfohlen wird rund 40 bis 50 Minuten vor dem Start) und während dem Wettkampf in Form von Kaffee, Tabletten, Gels oder Sportgetränken zugeführt, gegen Ende einer Belastung häufig zusätzlich in Form von (geschütteltem) Cola. Um die Wirkung im Wettkampf zu verstärken, setzen zahlreiche Athleten das Koffein im Vorfeld eines langen Wettkampfs ab. Doch was genau soll das bringen?

Der Gedanke ist tatsächlich naheliegend, hat man doch als regelmässiger Kaffeetrinker bereits am Morgen nach einer kurzen Nacht das Gefühl, ohne Koffein nur schlecht in den Tag starten zu können. Nach einigen Tagen Koffeinentzug würde sich dieses Gefühl vor einem Wettkampf bzw. die Wirkung des Kaffees potenzieren, so die Logik. Entsprechend müsste Koffein aber bei Nichtkonsumenten eine stärkere Wirkung entfalten als bei regelmässigen Konsumenten.

Koffein wirkt nicht stärker

Eine Studie der Universität von São Paulo ist dieser Frage bei gut trainierten, männlichen Radfahrern nachgegangen. Die Probanden mussten drei Zeitfahrtests von rund 30 Minuten Dauer absolvieren und bekamen dazu eine Stunde vor dem Test entweder Koffein (6 mg/kg Körpergewicht), ein Placebo oder kein Präparat. Das Resultat: Die Koffein-Konsumenten waren besser. Die Leistungsverbesserung der Koffein-Gruppe gegenüber der Placebo-Gruppe betrug 2,4%, gegenüber der Gruppe ohne Tabletteneinnahme 3,3%. Die Leistungsverbesserung dank der Koffeineinnahme war bei der Gruppe mit moderatem täglichem Koffeinkonsum am grössten, bei der Gruppe mit wenig Koffeinkonsum am geringsten. Für die leistungsfördernde Wirkung des Koffeins spielt es also scheinbar keine Rolle, wie viel Koffein jemand normalerweise einnimmt.

Andere Studien bestätigten dieses Resultat. Die leistungsfördernde Wirkung des Koffeins ist nicht besser, wenn das Koffein vorher abgesetzt wird. Was wiederum den Schluss nahelegt, dass das Absetzen des Koffeins im Vorfeld nicht der messbar physischen Leistungsverbesserung dient, sondern eher der mentalen Stärke.

Fazit

Wer seinen Kopf mit Koffeinentzug auf Höchstleistung trimmen will, kann es machen. Dann aber gilt die Regel: Unbedingt im Vorfeld ausprobieren, ob man es verträgt! Denn nicht selten reagieren fleissige Kaffeetrinker auf einen Entzug dermassen sensibel (Kopfschmerzen, Übelkeit, Energieverlust), dass die negativen Begleiterscheinungen kurz vor einem Wettkampf den subjektiven, potenziellen Zusatzkick bei der Koffeineinnahme bei Weitem überwiegen.

Den ausführlichen Artikel zu Koffeinentzug im Sport liest du hier.

 

 

Foto:iStock.com