Interview mit Maja Neuenschwander

8. dicembre 2015

Ende September hat Maja Neuenschwander im Rahmen des Berlin Marathons den 21-jährigen Schweizer Rekord von Franziska Rochat Moser über die Marathondistanz gebrochen. Nach ihrem Sieg im Frühjahr am Wien Marathon war ihr diese Leistung allgemein zugetraut worden. Dass es in dieser Deutlichkeit passieren würde, überraschte indes auch die Experten.  

Jahr für Jahr hast du dein Leistungsniveau steigern können. Welches sind für dich die drei wichtigsten Gründe für deine beeindruckende Leistungsentwicklung?

  1. Ich bin die letzten Jahre von ‚gröberen‘ Verletzungen ‚verschont‘ geblieben. Das ermöglichte mir einen kontinuierlichen Aufbau über die Jahre hinweg.
  2. Wir (also primär meine Coaches) verfolgten über all die Jahre die Prinzipien der ‚klassischen‘ Trainingslehre: Umfang vor Intensität.
  3. Das ‚Gesamtpaket‘ muss stimmen - ich muss physisch wie psychisch im Gleichgewicht sein, dazu gehört auch, das nötige Augenmerk auf die Mosaiksteine ‚neben‘ dem Laufen zu legen wie beispielsweise Regeneration, Krafttraining etc. 

Dein Trainingspensum ist immens, der zeitliche und finanzielle Aufwand riesig. So wirst du zum Beispiel auch im Hinblick auf dein nächstes grosses Ziel wieder für mehrere Wochen nach Kenia reisen und in der Höhe trainieren. Finanziell ist der Ertrag für eine Läuferin bekanntlich bescheiden. Welches sind deine Triebfedern?

Laufen ist meine Passion - jeder Tag ohne laufen ist für mich (aktuell) ein ‚unerfüllter‘ Tag. Ich muss mich nie ‚zwingen‘ laufen zu gehen. Ich freue mich auf jedes Lauftraining - egal wie sich das Wetter oder die Jahreszeit gerade präsentieren. 

Im nächsten Jahr stehen die olympischen Spiele in Rio auf dem Programm. Wie bereitest du dich auf die speziellen Bedingungen vor Ort vor und wie sieht deine Vorbereitung in den Monaten davor aus?

Da ich bereits in London 2012 ‚olympische Luft‘ schnuppern durfte, kann ich sicher von den dort gemachten Erfahrungen profitieren. Die Abläufe bzw. die Dimensionen eines solchen Anlasses ‚kenne‘ ich also bereits. Die Vorbereitung darauf wird ähnlich sein wie beispielsweise 2014 auf die EM in Zürich. Ich werde mehrere Höhenblöcke absolvieren und die letzten Wochen zu Hause nutzen, um mich auch klimatisch auf Rio einzustimmen. 

In den letzten Wochen bist du an verschiedenen Stadtläufen über für dich ungewohnt kurze Distanzen gestartet. Und auch am kommenden Sonntag bist du am Silvesterlauf auf der Startliste. Welche Rolle spielen diese Wettkämpfe in deiner Planung, und was macht für dich den Reiz dieser Rennen aus?

Das Besondere liegt sicher darin, dass ich für einmal die ‚schnellen‘ Trainingseinheiten in Wettkämpfen laufen werde. Da ich sonst eher wenige Wettkämpfe laufe, ist es für mich ungewohnt, für einmal jeden Samstag mit Startnummer an der Startlinie zu stehen. So kann ich das ‚Notwendige‘ mit dem ‚Angenehmen‘ verbinden - die Stimmung an diesen Läufen ist immer einmalig, es ist genial, auf kurzen, wendigen Rundkursen die vorweihnachtliche Stimmung in den Städten zu geniessen. 

Welche drei Tipps gibst du den Hobbysportlern mit ins Wintertraining und der Vorbereitung der neuen Laufsaison?

  1. Die Laufsaison 2016 beginnt jetzt mit der Planung - Ziele setzen und anschliessend das Training entsprechend planen.
  2. Geduld haben: aktuell steht in jedem Fall die Grundlagenausdauer im Vordergrund - Bestzeiten müssen und sollen jetzt nicht fallen - dies für den Frühling ‚aufsparen‘.
  3. Arbeite auch an deinen Defiziten: neben der Grundlagenausdauer ist jetzt auch die Zeit, das Stabiprogramm neu zu ‚designen‘, Fussgymnastik zu machen oder mögliche Verkürzungen aktiv anzugehen - das geht prima auch in der warmen Stube ;-)

Wir danken Maja Neuenschwander für die spannenden Antworten.