Berglauftraining – so geht's!

4. April 2018

Im Zuge des Trailrunning-Booms haben auch Bergläufe an Faszination gewonnen und werden immer häufiger zu Objekten der Läuferbegierde. Die wichtigsten Punkte zum Berglauftraining und vier Mustertrainings zum Nachmachen!

 

Im Westen nichts Neues. Ebenso im Süden, Osten und Norden deines Laufreviers. Die paar verschiedenen Laufrunden, die du regelmässig hinter dich bringst, läufst du mit eingeschaltetem Autopilot. Obwohl du weisst, dass ein bisschen Abwechslung im Laufalltag nicht nur deiner Form gut tun würde, sondern auch eine willkommene Motivationsspritze wäre. Wie wäre es also mit einem neuen Trainings- und Wettkampfziel – zum Beispiel einem Berglauf? 

Hört sich mystisch an – und ist es auch: Der Gipfel ist das Ziel! Am Weg zu läuferischen Höhepunkten phantastische Ausblicke geniessen. Neue Siege erringen, nicht nur gegen sich selbst, sondern auch gegen die Schwerkraft. Läufe inmitten herrlicher Berglandschaften. 

Doch so ein Berglauf eröffnet nicht nur gänzlich neue Perspektiven, sondern bedingt auch ein paar grundsätzliche Überlegungen, wie man das neue Abenteuer am besten angehen soll. Denn jeder, der schon einmal beim Lauftraining einen Hügel hochgelaufen ist, wird festgestellt haben: So ein paar Höhenmeter sind nicht nur wortwörtlich atemberaubend, sondern gehen ganz schön in Waden und Achillessehne. Und auch die Gesässmuskulatur ist bergauf von grösserer Bedeutung als in der Ebene, da der Fuss, ähnlich wie beim Treppensteigen, höher gehoben werden muss als beim normalen Laufen. Da der Oberkörper weiter nach vorne gebeugt ist als beim Lauf in der Horizontalen, wird zudem die Rückenmuskulatur stärker gedehnt und belastet, ebenso wie die Arm- und Schultermuskulatur durch die aktivere Pendel- und Ausgleichsbewegung. Nimmt man alle beteiligten Muskelpartien zusammen, bietet Berglaufen ein ganzheitliches Muskeltraining, an das man sich herantasten muss.

Der Kopf läuft mit

Und auch die Psyche ist bei dieser Sportart speziell gefordert. Geht es nur leicht nach oben, schiesst der Puls in ungeahnte Höhen. Mental musst du dich als Bergläufer auf ganz neue Gegebenheiten einstellen, da der Puls ständig in Höchstbereichen hämmert und du nicht einfach dosieren kannst, indem du das Tempo verringerst. Die Laufgeschwindigkeit ist wesentlich niedriger als im Flachen, der Vorteil dabei: So musst du dich nicht auf vorgegebene Kilometerzeiten fixieren.

Aus psychologischer Sicht bieten Bergläufe noch einen wesentlichen Vorteil: Die Aussicht! Diese vermittelt jedes Mal ein Gefühl der Erhabenheit und die Gewissheit, etwas Besonderes geleistet zu haben. Der Weg ist das Ziel!

 

Spezifisches Berglauftraining?

Doch wie sieht es nun aus, das Berglauftraining? Wichtig ist als Berg- wie Flachläufer, dass du den Grossteil (mindestens 50-70%, je nach Trainingsphase) deines Trainingsumfangs im Bereich der Grundlagenausdauer trainierst, also mit ruhigem Puls. Wenn du als Saisonziel einen Berglauf anpeilst, kannst du die meisten bisherigen Laufeinheiten unverändert beibehalten. Auch der Bergläufer trainiert wie alle anderen laufenden Menschen primär seine Grundlagenausdauer. Und das macht man am besten in der Ebene. Mit anderen Worten: Wer schnell auf den Berg rauf will, muss auch viel im Tal trainieren. 

Dazu gibt es einige spezifische Trainingsvarianten, die vor allem auf künftige Bergziegen zugeschnitten sind und die je nach Saisonziel den individuellen Streckenvorgaben angepasst werden sollten. Dabei muss man zuerst differenzieren zwischen Bergläufen, die oben auf dem Berg enden und Trailruns, die zwar viele Höhenmeter beinhalten, aber bei denen es auch immer wieder zünftig bergab geht. Bei Bergläufen mit Downhillpassagen muss das Bergablaufen im Vorfeld gezielt trainiert werden, denn die exzentrische Muskelbelastung durch das Bergablaufen sorgt für heftigen Muskelkater, wenn es nicht regelmässig geübt wird.

Reine Bergaufläufe sind da einfacher zu planen. Wer beispielsweise den Jungfrau-Marathon zum Ziel hat, hängt an seine gewohnten Longruns über ein- zwei Stunden am besten eine einstündige „Speed-Wanderung“ auf einen steilen Hügel oder Berg an, denn genau dies wird dann später im Berner Oberland verlangt. Oder du fährst mit dem Rad zum nächsten Berg und läufst dann auf den Gipfel hoch. Am besten kannst du eine solche Einheit so planen, dass dich eine Bahn wieder ins Tal hinunterträgt.

Das Bergauflaufen kann mit folgenden Mustertrainings in den allgemeinen Trainingsablauf integriert werden:

Mustertraining 1: Fahrtspiel im hügeligen Gelände

  • Lauf von rund 30–60 min. Dauer in wechselndem Gelände.
  • Das wesentliche Merkmal dieser Fahrtspiel-Einheit besteht darin, dass das Lauftempo öfter wechselt. 
  • Die intensiven Abschnitte (Puls rund 80–90% deiner maximalen Herzfrequenz (MHF)) wenn möglich bergauf laufen. Dabei bestimmst du selbst, wann und wie oft du in welcher Intensität läufst und wie lange du das angeschlagene Tempo halten magst. Es sollte jedoch nicht permanent die gleiche Intensität sein. 
  • Am einfachsten nimmst du Geländemarkierungen als Hilfsmittel, also einen kleinen Hügel, ein Schild oder einen Baum. Steigere das Tempo, bis du das Ziel erreicht hast und nimm es dann wieder ruhiger, bis du ein nächstes Ziel erspähst.
  • Die intensiven Abschnitte sollten nicht länger als 5 Minuten dauern. Und in Summe der Trainingszeit solltest du weniger als die Hälfte der gesamten Laufzeit intensiv laufen. 

Mustertraining 2: Tempoläufe am Berg

  • Mehrere Läufe von maximal 6 Minuten Dauer bei mässiger Steigung (rund 4–8%).
  • Laufe eine Strecke von rund 500–1000m in zügigem Tempo (keine Maximalbelastung!).
  • Dein Puls sollte dabei rund 85–95% der maximalen Herzfrequenz betragen, also ungefähr um die anaerobe Schwelle liegen. 
  • Bei einer Streckenlänge von rund 500m führst du 6–8 Wiederholungen durch, bei einer Streckenlänge von 1000m 3–5 Wiederholungen. 
  • Nutze den bewusst langsamen Bergablauf zurück zum Ausgangspunkt als aktive Pause. Die Pausendauer sollte mindestens so lang (eher länger) wie die Belastungsdauer sein. 

Mustertraining 3: Bergsprints

  • Mehrere Läufe von max. 30-45 Sekunden Dauer bei etwas grösserer Steigung (rund 8–15%).
  • Die Streckenlänge beträgt rund 100–200 m.
  • Der Puls soll am Ende der Belastung bei rund 90–95% der MHF liegen, also im anaeroben Bereich.
  • Bei einer Streckenlänge von rund 100m führst du 10–15 Wiederholungen durch, bei einer Streckenlänge von rund 200m 6–8 Wiederholungen. 
  • Auch hier gilt: Nutze den bewusst langsamen Bergablauf zurück zum Ausgangspunkt als aktive Pause. Die Pausendauer sollte mindestens so lang wie die Belastungsdauer sein, eher länger. Als grober Richtwert sollte dein Puls am Ende der Pause unter 120-130 Schlägen pro Minute liegen. 
  • Auch wenn es gegen Ende anstrengend wird, solltest du das letzte Intervall so laufen, dass es nicht deine gesamten Kraftreserven aufbraucht. Du solltest (gefühlsmässig) immer noch ein Intervall draufsetzen können. 

Mustertraining 4: Berg-Lauf-ABC

  • Bei dieser Einheit handelt es sich um spezifische Kräftigungskomponenten, die gleichzeitig deine motorischen Fähigkeiten verbessern. 
  • Die einzelnen Übungen sind aus dem klassischen „Lauf-ABC“ entnommen und für das Berglaufen adaptiert. Beim Lauf-ABC führst du Übungen durch, die dir helfen, deine allgemeine Lauftechnik und –koordination zu verbessern. 
  • Besonders geeignete Übungen für Bergläufer sind Knieheben, Sprunglauf, Hocksprünge, einbeinige Sprünge oder auch Vorfussläufe, bei denen du auf dem Fussballen landest.
  • Dazu eine gleichmässige Steigung aussuchen, den Steigungsgrad wählst du passend zu deinem persönlichen Fitness-Niveau. Doch aufgepasst: Die Übungen sind schnell sehr anstrengend – dafür auch sehr wirkungsvoll! Pro Übung solltest du nicht mehr als rund eine Minute investieren. Du kannst natürlich mehrere Durchgänge machen. Bei den ersten solchen Trainings solltest du dich langsam herantasten, um den Bewegungsapparat nicht zu überlasten.
 

Solltest du gerade ein Holland in den Ferien sein oder hat es wirklich keinen Hügel in deiner Nähe, dann hast du drei mögliche Alternativen für ein Berglauftraining: 

  • Du kannst auf einem Laufband mit verstellbarem Neigungswinkel die oben beschriebenen Trainingsvarianten indoor simulieren. 
  • Du suchst dir ein Hochhaus mit frei zugänglichem Treppenhaus aus und absolvierst dort dein Training.
  • Oder du findest eine längere Treppe irgendwo draussen (in einem Fussballstadion). Die Treppe sollte lang genug sein, um 1–3 Belastungsminuten am Stück zu ermöglichen. Übrigens: Treppenläufe sind alternativ auch gut auf dem Stepper im Fitnesscenter simulierbar, dann sparst du dir das Bergablaufen. 

Und nicht vergessen. Nicht nur die Bergläufe selber, sondern auch das Berglauftraining strapaziert Waden und Achillessehne vermehrt, also regelmässiges Stretching der „Berglauf-Muskulatur“ in den Trainingsalltag einbauen!

So planst du einen Berglauf!

  • Streckenprofil besichtigen: Hinsichtlich der Vorbereitung von Bergläufen gibt es einige grundlegende Unterschiede zu flachen Stadtläufen. Von herausragender Bedeutung ist die Kenntnis des Streckenprofils! Besorge dir dieses möglichst frühzeitig beim Veranstalter (oft auf der Veranstaltungs-Homepage zu finden). Beim Profil ist vor allem die Verteilung von steilen zu flachen Teilstücken interessant. Sowohl bei den kürzeren Bergläufen als auch bei Bergmarathons ist recht häufig das letzte Stück das steilste. Beim Jungfrau Marathon zum Beispiel ist die erste Hälfte bis Lauterbrunnen quasi ein flacher Halbmarathon – dann aber folgt ein steiler Halbmarathon bergauf.
  • Trainingsvorbereitung den Anforderungen anpassen: Unsere oben vorgestellten Mustertrainings so anpassen oder ergänzen, dass die Inhalte auf den Ziel-Wettkampf ausgerichtet sind. Faustregel: Ein Training wöchentlich ganz gezielt an die zu erwartenden Anforderungen anpassen. Bei kurzen, steilen Bergläufen im Vorfeld die Steilheit also auch im Training simulieren, und entsprechend bei wechselhaften Trailruns mit Downhillpassagen auch das Bergablaufen ins Training integrieren.
  • Gut aufwärmen: Ein gewissenhaftes Aufwärmen ist noch wichtiger als bei anderen Wettkämpfen: Laufe mindestens 15-25 Minuten ein, baue dabei auch Steigerungsläufe ein und dehne deine Wadenmuskeln, vor allem dann, wenn diese schon bald nach dem Startschuss sehr beansprucht werden. 
  • Schrittlänge anpassen: Die richtig gewählte Schrittlänge kann helfen, Energie zu sparen. Faustregel: Je steiler es wird, desto kleiner sollte die Schrittlänge sein. Bei Steigungen jenseits der 20% kann es bereits effizienter sein zu gehen. Mit einer effizienten Gehtechnik verlierst du keinen oder nur unwesentlich Boden gegenüber den Noch-Läufern, du sparst dir aber eine Übersäuerung der Muskulatur. 
  • Vorsicht bergab: Bergab-Passagen sollte man besonders vorsichtig angehen. Das gesteigerte Adrenalin im Körper und die dadurch höhere Risikobereitschaft reduziert leider nicht die Gefahr umzuknicken. Laufe bergab mit kurzen, aktiven Schritten und hoher Schrittfrequenz. Die volle Konzentration gehört – auch wenn das Panorama lockt – dem Weg. 
  • Zeitplan erstellen: Um dir einen passenden Zeitplan für den Wettkampf zurecht legen zu können, solltest du ungefähr einschätzen können, wie lange du für die einzelnen Streckenabschnitte benötigst. Da dies insbesondere von Höhenmetern und Untergrund abhängt, ist es schwer, allgemein gültige Formeln zu erstellen. Eine grobe Faustformel kann jedoch weiterhelfen: Im Vergleich zum Lauf im Flachen entsprechen 100 gelaufene Höhenmeter einer Zusatzstrecke von ungefähr 600 bis 700 Metern. Ein Beispiel dazu: Wenn du bei einem Berglauf eine Distanz von 1000 Metern zurücklegst und dabei 100 Höhenmeter erklimmst, kannst du als ungefähre Laufzeit jene Zeit annehmen, die du in der Ebene für eine Strecke von rund 1600 bis 1700 Metern benötigen würdest. Oder anders ausgedrückt: Multipliziere deine durchschnittliche Kilometerzeit für solche Passagen etwa mit dem Faktor 1.6 oder 1.7.
  • Genug trinken: Je nach Länge des Laufs muss auf eine genügende Energiezufuhr geachtet werden mit Flüssigkeit und Gels oder Riegeln. Allenfalls selber noch Reservenahrung mitnehmen, wenn die Verpflegungs-Posten weit auseinander liegen.
  • Warm anziehen nach Zielankunft: Vergiss in der Euphorie der Zielankunft und des wahrscheinlich überwältigenden Panoramas nicht, dass dein Körper ziemlich ausgelaugt ist und nun vor allem Wärme, Flüssigkeit und Ruhe braucht. Im Zielbereich sollte daher warme, trockene Kleidung deponiert werden. Die meisten Veranstalter organisieren zu diesem Zweck einen Kleidertransport zum Zielbereich. 
  • Speicher füllen: Wie auch bei Rennen im Flachen, ist auf genügend Flüssigkeitszufuhr direkt nach dem Wettkampf zu achten, und auch die Kohlenhydratspeicher sollen rasch wieder aufgefüllt werden (flüssig oder mit fester Nahrung), um eine möglichst schnelle Regeneration zu gewährleisten. 

 

 

 

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