Herzfrequenz, Tempo oder Watt? So wählst du den richtigen Indikator je nach Trainingsintensität
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Puls, Geschwindigkeit oder Watt? Je nach Intensität empfiehlt es sich, auf das eine oder andere zu vertrauen.
Früher war es einfacher, die Intensität des Trainings zu kontrollieren. Man verliess sich auf sein Körpergefühl, lief eine bestimmte Strecke in einer vorgegebenen Zeit oder kontrollierte die Intensität über die Art der Atmung (Mund-, Nasen- oder kombinierte Atmung) oder die Anzahl Wörter, die man aneinanderreihen konnte, bevor man wieder Luft holen musste.
Heute haben wir deutlich mehr Möglichkeiten: Kaum jemand läuft oder fährt mehr ohne eine GPS-Uhr und hat zusätzlich zu den Infos zur Strecke, die man zurückgelegt hat, immer eine Fülle von Informationen von Puls über Geschwindigkeit bis hin zur Leistung im Blickfeld. Das hat zur Folge, dass man viel weniger auf die Signale des Körpers achtet und stattdessen blind den Daten folgt.
Welche Anzeige für welche Trainingsform?
Im Prinzip wäre es ideal, wenn man die gewünschte Intensität ohne Hilfsmittel erreichen könnte. Das heisst, wenn man sein Tempogefühl so weit entwickelt hätte, dass man sich voll darauf verlassen könnte. Auch im Wettkampf und unter dem Einfluss von Adrenalin. Auswertungen von Zwischenzeiten zeigen aber, dass dies gar nicht so einfach ist und sich Hobbyläuferinnen und Radsportler gerne ein wenig verschätzen. Meist starten sie zu schnell und bauen gegen das Ende hin immer mehr ab. Wer seine Kräfte hingegen gut einteilen kann, startet langsamer und holt am Ende doppelt auf.
Im Training ist das einfacher zu üben und umzusetzen. Wer regelmässig trainiert, verschiedene Trainingsformen einbaut und z.B. immer darauf achtet, die zweite Hälfte schneller zu absolvieren, entwickelt ein gutes Gefühl für die verschiedenen Intensitätsbereiche und kann mehr aus dem Training herausholen.
Wer gerne kontrolliert belastet, hält sich am besten an folgende Empfehlungen
Grundlage (Zone 1 und 2): Puls
Für Trainingseinheiten zur Entwicklung der Grundlagenausdauer empfiehlt es sich, pulsgesteuert zu trainieren, da nur bis zu bestimmten Pulsfrequenzen die Stoffwechselzustände trainiert werden, die das eigentliche Ziel der Einheit sind. Liegt der Puls darüber, wird das eigentliche Ziel der Einheit verfehlt. Aus diesem Grund ist es auch sinnvoller, in den Zonen 1 und 2 nicht mit definierten Geschwindigkeiten oder Wattzahlen zu laufen oder zu fahren, denn es bringt nichts, wenn diese Werte zwar erreicht werden, der Puls aber zu hoch ist. Daher gilt: Je niedriger die Intensität, desto wichtiger ist die Herzfrequenz.
Mittleres Tempo (Zone 3): Geschwindigkeit und Watt
Wenn man mit mittlerer Intensität trainiert und versucht, die aerobe Kapazität zu verbessern, werden die Geschwindigkeit beim Laufen und die Wattzahlen beim Radfahren zu verlässlicheren Begleitern, denn einerseits reagiert der Puls verzögert, bis er der effektiven Leistung entspricht, und andererseits steigt die Herzfrequenz während der Belastung allmählich an, obwohl die Intensität der Belastung konstant bleibt. Dieses als «Cardiac Drift» bezeichnete Phänomen wird durch verschiedene Faktoren wie Flüssigkeitsverlust, Erhöhung der Körpertemperatur oder Ermüdung beeinflusst. Daher gilt: Je höher die Intensität, desto zuverlässiger sind das Lauftempo und die Wattzahl auf dem Rad.
Hohes Tempo (Zone 4 und 5): Geschwindigkeit und Watt
Wenn du mit hoher Intensität im Bereich deiner anaeroben Schwelle und darüber trainierst, solltest du auch hier Geschwindigkeit und Watt als Bezugswerte wählen. Es dauert einfach zu lange, bis sich die Herzfrequenz bei intensiven Belastungen an die effektive Leistung anpasst. Deshalb gilt: Bei intensiven Belastungen solltest du dich beim Laufen auf die Geschwindigkeit und beim Radfahren auf die Wattzahl verlassen.
Fazit
Im Laufe der Zeit sind wir ein bisschen zu Sklaven von technischen Hilfsmitteln geworden. Statt unser Körpergefühl zu schulen, vertrauen wir viel zu häufig den Zahlen von Pulsuhr, GPX-Gerät oder Wattmesser. Doch was ebenso gilt: Die technischen Hilfsmittel sind für Einsteiger wichtige Orientierungshilfen und können auch dazu dienen, dass man sie im Verlauf seiner persönlichen Sportkarriere immer weniger braucht, wenn man den Zahlen und unterschiedlichen Intensitäten das eigene Körpergefühl zuordnet.
Beim Blick auf die Daten ist die Pulsuhr bei niedrig intensiven Belastungen ein guter Begleiter. Und bei höheren Intensitäten überwiegen die Vorteile von Geschwindigkeit- und Wattmesser – oder eben ein gut geschultes Körpergefühl.
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