Interview mit Adrian Lehmann

1. März 2021

Foto: Hans Durtschi

Am 14. März versucht Adrian Lehmann in Belp das Unmögliche möglich zu machen und die für eine Olympia-Teilnahme geforderte Limite von 2:11:30 zu unterbieten. Der von Swiss Athletics organisierte Marathon ist die einzige Möglichkeit für den Berner, sich für die Olympischen Spiele in Tokio in diesem Sommer zu qualifizieren.

Die aktuelle Situation ist herausfordernd. Eisiger Winter in der Schweiz, Reisebeschränkungen, keine Vorbereitungsrennen. Wie und wo bereitest du dich auf dein grosses Ziel vor? 

Ich habe versucht, mich bestmöglich den aktuellen Bedingungen anzupassen, um so trotz allen Einschränkungen das Optimum aus meinen Möglichkeiten herausholen zu können. Beispielsweise habe ich das Höhenzimmer in meiner WG in Bern in Betrieb genommen. Darin kann ich auf einer simulierten Höhe von 2500 Metern über Meer leben. Die Trainings in der kalten Schweiz waren tatsächlich sehr herausfordernd. Mit wenigen Ausnahmen konnte ich meinen Plan dennoch durchziehen. Nur zweimal musste ich auf ein Laufband ausweichen, da ich bei hochintensiven Läufen Angst hatte, meiner Lunge zu schaden.

Deinem Ziel ordnest du alles unter. Welches sind für dich die drei Hauptschlüssel für ein erfolgreiches Gelingen?

Die Vorbereitungsphase gesund und ohne grössere Trainingsausfälle zu überstehen, ist der Grundstein zum Erfolg. Bisher gelang mir dies wunschgemäss. Zusätzlich brauche ich am Wettkampftag sicherlich auch etwas Glück mit dem Wetter. Ideale Bedingungen wären für mich Sonnenschein bei Temperaturen von rund 10°C und keinen Wind. Beim Marathon in Belp wird speziell die mentale Stärke gefragt sein. Eine 4.4km-Runde mit einer Start- und Zielschlaufe gilt es neunmal ohne Zuschauer zu bewältigen. Um auf den letzten Runden noch genügend emotionale Substanz zu haben, muss ich in einen positiven Flow kommen.

Auch Hobbyläufer werden derzeit durch die Corona-Krise ihrer läuferischen Ziele beraubt. Welche Motivationstipps hast du für sie bereit?

Am meisten Kraft konnte ich aus selbstdefinierten Zwischenzielen schöpfen. So habe ich mit gezielten Trainingsläufen meine Trainingsblöcke abgeschlossen, um einerseits mich selbst herauszufordern und andererseits herauszufinden, an was ich im nächsten Trainingsblock primär noch arbeiten muss. Ich habe somit versucht, die nicht stattfindenden Rennen durch simulierte Trainingswettkämpfe zu ersetzen.

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst?

Ich persönlich spreche sehr gut auf Höhenketten an. In einer Marathonvorbereitung absolviere ich mehrere Höhentrainingslager von drei bis vier Wochen. Der Höheneffekt ist vor allem in der letzten Trainingsphase vor dem Rennen, die ich in meiner normalen Umgebung absolviere, spürbar. Das Atmen bei Anstrengung fällt mir viel leichter, und ich kann ohne sofort ausser Atem zu kommen, sehr hohe Geschwindigkeiten laufen.

Geheimnisse habe ich keine. Die Balance zwischen körperlichem und mentalem Stress und der Erholung zu finden, ist die Grundlage des Fortschritts. Daher rate ich allen Laufbegeisterten, die ein gesetztes Ziel anstreben, sich bewusst zu erholen und persönliche Bedürfnisse zu respektieren.