Interview mit Julia Bleasdale

23. April 2019

Nach ihrer erfolgreichen Karriere als Bahn- und Crossläuferin, verlagerte die Britin Julia Bleasdale ihren Wohnsitz ins Engadin und wechselte zum Trailrunning. Die Achte der olympischen Spiele 2012 über 5000m und 10’000m gewann im letzten Jahr überlegen den Swissalpine Irontrail T88.

Während deiner Aktivzeit warst du in den grossen Stadien der Welt vor vielen Zuschauern unterwegs. Als Trailläuferin hingegen meist in menschenleeren Gegenden. Was macht für dich den Reiz des Trailrunnings aus?

Diese Frage wird mir häufig gestellt. Ich bin zwar in London, einer Millionenstadt aufgewachsen, habe aber durch meine Eltern, die eine grosse Passion für die Berge hatten, schon sehr früh das Bewegen in der freien Natur entdeckt und lieben gelernt. Trailrunning bedeutet für mich Freiheit und immer etwas Neues zu entdecken. Ich liebe es, jedes Mal etwas anderes zu hören, zu sehen und zu fühlen. Jeder Lauf ist anders und in gewisser Art und Weise ein Entdeckungsabenteuer. Das macht mir Freude, da fühle ich mich ganz in Harmonie.

Du erklimmst nicht nur Berge oder suchst die schönsten Trails, sondern hast letztes Jahr beispielsweise erstmals auch den Swissalpine Irontrail bestritten und sogleich gewonnen. Welches sind in deinen Augen ganz allgemein die drei Schlüssel, die zu sportlichem Erfolg führen?

  • Lockerheit und Spass. Dies hilft, dass der Körper nicht blockiert ist und das Maximum an Leistung zulässt.
  • Gute Trainingsvorbereitung. Sie stellt das Fundament dar für das gute Gefühl im Rennen.
  • Richtige Ernährung. Je länger das Rennen, desto entscheidender die Energie, die zugeführt wird.
 

Du hast bei den olympischen Spielen im eigenen Land zwei Mal im Finale gestanden und jeweils ein Diplom geholt. Was würdest du mit dem Wissen von heute in deiner Bahn- und Cross-Karriere anders machen?

Nach den erfolgreichen olympischen Spielen war ich übermotiviert und wollte zu viel. Statt meine Grenzen zu respektieren, intensivierte ich das Training und war irgendwann verletzt, so dass ich die Europameisterschaften in Zürich verpasste. Rückblickend würde ich alles etwas entspannter angehen und die Grenzen besser respektieren.

Der Swissalpine und weitere Trailläufe stehen bei vielen Hobbyläufern dieses Jahr auf der To-Do-Liste. Welches sind deine drei wichtigsten Tipps für die Vorbereitung und welches jene für das Rennen?

Tipps für die Vorbereitung:

  1. Verwende Trainingszyklen in deiner Wettkampfvorbereitung - der Körper reagiert gut auf Phasen intensiven Trainings, gefolgt von einer Phase der Erholung.
  2. Höre auf den Körper - scheue dich nicht, dein Training so anzupassen, wie du dich fühlst. Es ist wichtig, schnell und vernünftig zu sein, um Krankheiten und Verletzungen zu vermeiden.
  3. Denk daran zu tapern - besonders für eine längere Strecke wird in der Regel ein Tapering von 10-14 Tagen empfohlen, um den Körper auf den Wettkampftag vorzubereiten!

Tipps für das Rennen:

  1. Lass dich von all dem Adrenalin nicht zu Beginn mitreissen, sondern wähle geschickt deine Pace und steigere dich langsam ins Rennen.
  2. Denk an deine Ernährungsstrategie. Gerade bei längeren Strecken ist es besser, vorsichtig zu sein, ganz nach dem Sprichwort: "Iss, bevor du Hunger hast, und trink, bevor du Durst hast".
  3. Vergiss nicht, den Blick nach oben zu richten und die Aussicht zu geniessen - lass dich von deiner Umgebung und von der Strecke inspirieren, um deine Leistung zu steigern.
 

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst?

Richte den Fokus nach innen und höre auf deinen Körper! Viele Athleten sind heutzutage sehr fixiert auf die technischen Hilfsmittel und auf Zahlen. Dies bringt meistens negative Gefühle mit sich. Je mehr ich die Uhr auf der Seite gelassen habe und nur auf mein Gefühl gehört habe, desto mehr Freude hatte ich und grössere Harmonie empfand ich in meinem Körper. Dies führte schlussendlich zu weiteren Trainingsfortschritten.

Foto: ZVG