Interview mit Simone Niggli-Luder

27. Dezember 2016

Sie gilt als die beste Orientierungsläuferin aller Zeiten und gewann seit 2001 unglaubliche 23 Goldmedaillen an Weltmeisterschaften. Die Biologin setzte neue Massstäbe im Orientierungslaufen und engagiert sich seit dem Ende ihrer Aktiv-Karriere intensiv als Athletenbotschafterin der Entwicklungshilfeorganisation Right to Play und Botschafterin von Biovision, der Stiftung für ökologische Entwicklung.  

Du kannst auf eine äusserst erfolgreiche Karriere zurückblicken. Welches waren in deinen Augen die wichtigsten Punkte, die dich so weit gebracht haben und zum Erfolg führten?  

Es braucht immer viele Puzzle-Teilchen, die zusammenpassen müssen. Ein erster wichtiger Punkt ist die Gesundheit. Ich bin glücklich, dass ich weitgehend ohne grosse Verletzungen meine Karriere erleben durfte. Das war sicher ein wichtiger Baustein zum Erfolg. 

Nach dem Motto "Ohne Fleiss kein Preis", so ging es auch bei mir nicht ohne langjähriges regelmässiges Training in den verschiedensten Bereichen. Nicht nur die physische Grundlage musste stimmen, sondern auch die technisch-mentale Komponente, die ich in vielen Trainingslagern und Trockentrainings zu Hause erarbeitet habe. Ich war (und bin es wohl immer noch ;-) eine ehrgeizige Person, die immer vollen Einsatz gegeben hat, um meine Ziele zu erreichen. 

Ein wichtiger Punkt war auch mein super funktionierendes und unterstützendes Umfeld, das mit dem Familienzuwachs noch einmal unersetzlicher wurde. 

Und nicht zuletzt möchte ich die Freude an meiner Sportart erwähnen, die mich so lange an der Spitze und im Leistungssport gehalten hat. Ohne diesen Enthusiasmus fürs Training und die Wettkämpfe wäre eine so lange erfolgreiche Karriere nicht möglich gewesen. 

Gibt es Sachen, die du mit der Erfahrung von heute anders machen würdest, wenn du das Rad der Zeit zurückdrehen könntest?

Ich glaube, wenn man 23-fache Weltmeisterin ist, hat man nicht vieles falsch gemacht ;-) Ich bin meinen Weg gegangen und jeder kleine Umweg dabei hatte seinen Sinn und war wichtig für meine Entwicklung. Natürlich hat sich die ganze Sportart auch weiterentwickelt und zum Beispiel das Trainingsangebot hier in Bern für OL-Läufer ist viel grösser geworden. Wenn ich zurückblicke, habe ich eine Möglichkeit nicht gewählt, die sicher spannend gewesen wäre: ein Studien-Aufenthalt in einem OL-Gymnasium in Schweden. Diese Option würde ich heute einem jugendlichen OL-Läufer empfehlen, der sich weiterentwickeln will. Ich bin dann später für ein halbes Jahr nach Schweden gezogen und habe das "nachgeholt". Das war wirklich eine tolle Erfahrung. 

 

Kannst du uns einen Überblick über dein Training von damals geben? 

Nachdem ich mein Training über Jahre hinweg kontinuierlich gesteigert habe, habe ich meistens zweimal am Tag trainiert. Ein Training war das Laufen, das ganz nach Zielsetzung auf der Strasse, auf Waldweg oder quer durchgeführt wurde. Der Grossteil des Lauftrainings war abwechslungsreich coupiert und meistens auf unebener Unterlage, wodurch natürlich auch die notwendige Koordination gefördert wurde. In diesem Bereich habe ich auch Fussgymnastik- und Stabilisationsübungen gemacht, um Verletzungen wie Misstritten vorzubeugen. Das zweite Training am Tag bestand entweder aus Kraft-Training oder altenativem Training. Ich habe zwei Mal pro Woche ein Kraft-Training gemacht, wobei eines Lauf- und Sprungschule beinhaltete. Die Rumpfkraft habe ich zusätzlich mehrmals pro Woche trainiert. Mit Aqua Jogging, Spinning, Velo und Langlaufen habe ich das alternative Training durchgeführt. In Trainingslagern lag der Fokus auf den Karten-Trainings, wo wir zwei technische Trainings pro Tag durchführen konnten. Von zu Hause aus habe ich ein bis zwei Karten-Trainings pro Woche absolviert. 

Welches sind deine drei wichtigsten Tipps für einen Hobbysportler, der an einem OL teilnehmen möchte?

Ausrüstungsmässig braucht es nicht viel, um im OL einsteigen zu können: mit Trainerhosen, einem Shirt und griffigen Turnschuhen bist du dabei! Ich würde vorschlagen, an einem Klub-Training oder einem kleinen OL-Wettkampf anzufangen und vielleicht in einer Gruppe zu starten. Die Symbole der OL-Karte müssen sicher zu Beginn etwas gelernt werden, aber schon bald wird man die ersten orange-weissen Flaggen im Wald auf Anhieb anlaufen.

 

 

Foto: ZVG