Joëlle Flück über die richtige Ernährung für Alltag und Sport
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Eine gezielte Sporternährung ist ihr Thema und gleichzeitig ist sie begeisterte Marathonläuferin mit einer Bestzeit von schnellen 2:44 Stunden. Die Sport- und Bewegungswissenschafterin sowie Präsidentin der Swiss Sports Nutrition Society Joëlle Flück weiss, welche Ernährungstheorien sich in der Praxis umsetzen lassen und was viele Hobbysportler häufig sträflich vernachlässigen.
Das vollständige Interview findest du hier.
Was sind für Sie persönlich die wichtigsten 5 Ernährungs-Grundsätze?
- Ich esse mindestens einmal am Tag komplett ausgewogen. Wenn ich über Mittag trainiere, esse ich am Abend warm.
- Ich esse viel frisches Gemüse und frische Früchte und auch regelmässig Fisch.
- Ich achte auf eine regelmässige und genügend hohe Proteinaufnahme. Dafür wähle ich auch Milchprodukte.
- Ich schenke der Ernährung unmittelbar vor, während und nach dem Sport spezielle Beachtung, denn diese trägt zum Trainingsfortschritt bei.
- Ich trinken genug. Das geht manchmal im hektischen Alltag unter, deshalb nehme ich immer eine Trinkflasche mit zur Arbeit.
Sie sind Marathonläuferin, da spielt auch das Gewicht eine Rolle. Läuft das schlechte Gewissen mit, wenn Sie sich überflüssige Kalorien gönnen?
Nein. Mittlerweile weiss ich, dass ich mir problemlos etwas gönnen kann, wenn ich Lust dazu habe. Sport gehört zu meinem Leben und ich liebe das regelmässige Laufen, aber ich habe keine konkreten Ziele mehr, die ich unbedingt verfolgen will. Für mich stimmt die Balance zwischen Training, Arbeit, Erholung und ausreichender Energiezufuhr. Müsste ich mehr trainieren oder weniger Essen, wäre das Risiko gross, die Balance zu verlieren.
Unterscheidet sich eine gesunde Alltagsernährung von einer gezielten Sporternährung?
Ja, das sind komplett unterschiedliche Situationen. Vorher und während dem Sport gilt es genügend Energiereserven für eine sportliche Leistung zu haben, danach geht es darum, die Speicher wieder aufzufüllen und die Regeneration zu gewährleisten. Gels beispielsweise gehören zu einer gesunden Alltagsernährung nicht dazu, im Sportsetting aber bieten sie bei Ausdauerleistungen viel Energie in kompakter Form, ohne den Magen zu belasten. Bei Ballaststoffen ist es genau umgekehrt. Sie sind zwar äusserst wertvoll für eine gesunde Ernährung, behindern aber im unmittelbaren Vorfeld eingenommen die sportliche Leistung, weil sie nicht oder schlechter verdaut werden und darum im Darm liegen bleiben. Bei einer sportlichen Belastung konzentriert sich der Blutfluss vorwiegend auf die Muskulatur. Sind zu viele Nahrungsfasern im Darm, kann dies zu Verdauungsproblemen während der Belastung führen. Bei der Ernährung für die sportliche Leistung dominieren Sinn und Zweck, die Alltagsernährung hingegen ist deutlich lustorientierter.
Sie sagen, die richtige Verpflegung vor und während dem Sport unterstützt die Leistung. Ist das auch wichtig für Sportler, die nicht auf Effizienz aus sind?
Wer viel trainiert, muss auch genügend Energie zuführen. Ist dies nicht der Fall, kommt ein Sportler in ein relatives Energiedefizit. Dem Körper bleibt zu wenig Energie, um seine wichtigsten Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Es kommt langfristig zu gesundheitlichen Einschränkungen wie einer erhöhten Verletzungs- oder Infektanfälligkeit, einer reduzierten Knochendichte oder einem Ausbleiben der Menstruation. Auch wer nur aus Lust und Laune viel trainiert, muss seinem Körper die notwendige Energie zuführen, um gesund zu bleiben.
Was sind die drei häufigsten Fehler, die Sportler immer wieder machen?
Erstens: Die meisten gehen zu wenig systematisch an die Ernährungsfrage heran und trainieren den Magen-Darm-Trakt zu wenig bei intensiven Belastungen und in der Vorbereitung auf den Zielwettkampf. Zweitens: Sie schenken der regelmässigen Proteinzufuhr zu wenig Beachtung und konzentrieren sich zu spezifisch nur auf die Zeit nach dem Training. Und drittens: Viele gewichten den Wert von Supplementen zu hoch ein. Das ist sicher auch eine Folge der intensiven Bewerbung solcher Produkte. Viele können nicht einschätzen, was wirklich nötig ist und was nicht. Wer gesund und vielfältig isst, erreicht im Alltag eine genügende Energieversorgung mit ganz normalen Lebensmitteln.
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