Low Carb auch im Ausdauersport?

Paolo Colombani 26. Juli 2018

Die frühesten Vorfahren des Menschen lebten vor ein paar Millionen Jahren auf der Erde. Die Zufuhr an Kohlenhydraten war damals eher bescheiden und stieg erst mit dem Aufkommen der Landwirtschaft vor gut 10'000 Jahren an. Was bedeutet dies für uns? Müssten wir alle auf eine Low Carb Ernährung switchen?

Trotz der vielen propagierten Paläo-Diäten wissen wir heute nicht mit Bestimmtheit, wie die Ernährung in der Steinzeit aussah. Wir können auch davon ausgehen, dass es nicht die eine einzige Paläo-Diät gab. Die Steinzeit dauerte rund 2.5 Millionen Jahren und da gab es sicherlich verschiedene Ernährungsweisen. Die besten heutigen Vermutungen lauten aber: Kohlenhydrate 20 bis 30 % der Energie, Fette wie auch Proteine je 25 bis 60 %. Genauere Werte lassen sich wissenschaftlich nicht ermitteln. 

Low Carb für wenig Bewegte

Für die generelle erwachsene Bevölkerung werden aber heute um die 40 bis 50 % der Energie an Kohlenhydraten empfohlen, im Sport noch viel mehr. Beide Empfehlungen zu den Kohlenhydraten liegen somit um einiges höher, als der Mensch während seiner praktisch gesamten Entwicklungsgeschichte gegessen hat. Wie ist dies zu beurteilen?

Die aktuelle wissenschaftliche Evidenz spricht Klartext. Bei einer hohen Zufuhr an Kohlenhydraten steigt die Gefahr für häufige Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen an. Eine reduzierte Zufuhr an Kohlenhydraten ist daher für Erwachsene sinnvoller als eine hohe Zufuhr, sofern die körperliche Aktivität bescheiden bis gering ausfällt. Denn regelmässige körperliche Aktivität hebt diesen negativen Effekt auf.

Low Carb im Sport

In der Sportwissenschaft gab es von 1985 bis 2005 eine ganze Serie an Studien zu High Fat Diäten im Ausdauersport. Eine High-Fat, und somit eine Low-Carb Diät, sollte den Fettstoffwechsel maximieren, dadurch die Glykogenspeicher schonen und so zu einer besseren Leistung führen.

Eine solche, fettreiche Ernährung von wenigen Tagen erhöht tatsächlich die Fettverbrennung während der Ausdauerbelastung. Und die entsprechenden Anpassungen auf Zellebene bleiben sogar ein Tag lang bestehen, nachdem man wieder ein Carboloading durchgeführt hat. Dennoch führt dies nicht zu einer besseren Ausdauerleistung verglichen mit einer konventionellen kohlenhydratbetonten Ernährung. Und da während einer High-Fat und Low-Carb Diät viele das Training als wesentlich anstrengender verspüren, rät man von einer solchen Diät im Ausdauersport ab.

Kohlenhydrate für intensive Ausdauerleistungen

Trotz Aussagen vereinzelter Athleten über eine verbesserte Ausdauerleistung bei fettreichen Diäten zeigt die verfügbare wissenschaftliche Evidenz ein anderes Bild. Die meisten Ausdauersportler werden erst mit einer ausreichenden Kohlenhydratzufuhr ihre maximale Leistung erzielen können. Bis zu einer Dauer von sicher 3 Stunden sind auf jeden Fall die Kohlenhydrate die limitierende Energiequelle für intensive Leistungen. Entsprechend werden hier klassische, kohlenhydratreiche Ernährungsweisen und nicht High-Fat und Low-Carb Diäten empfohlen. Und auch für längere Events bleiben die generellen Empfehlungen bei einer kohlenhydratreichen Ernährung im Training wie auch im Wettkampf.

Zwischendurch mal Low Carb

Eine ständige Low Carb Ernährungsweise ist für viele im Ausdauersport sicherlich die falsche Wahl. Hingegen sind vereinzelte Phasen oder Trainings mit einer tiefen Zufuhr an Kohlenhydraten ein interessanter Gedanke. Der Hintergedanke ist hier, die durch ein Training gestarteten biochemischen Reaktionen in den Zellen etwas länger laufen zu lassen und dadurch bessere Trainingseffekte zu erzielen. Das Problem liegt aber klar auf der Hand: Führt man zu viele Low Carb Phasen durch, wird man früher oder später aufgrund der zu geringen Kohlenhydratzufuhr ins Übertraining reinrutschen. Daher empfiehlt man solche Low Carb Phasen generell nur für bereits gut ausdauertrainierte Erwachsene und hier eher ein- als zweimal pro Woche. Eine solche Phase kann ein Training mit tiefen Kohlenhydratspeichern sein (höchstens geringe Zufuhr an Kohlenhydraten nach dem vorangehenden Training) oder eine längere Erholungsphase mit höchstens geringer Kohlenhydratzufuhr (z.B. Training am Nachmittag und dann bis zum Frühstück am folgenden Morgen kaum Kohlenhydrate).

Zusammengefasst für die Praxis

  • Eine reduzierte Kohlenhydratzufuhr macht für körperlich kaum Aktive zur Erhaltung der Gesundheit am meisten Sinn.
  • Anstelle einer Portion Getreideprodukte wie Brot, Pasta, Reis bei allen Hauptmahlzeiten, viel lieber nur bei zweien davon – und zwischendurch kann es problemlos auch nur einmal pro Tag sein.
  • Für leistungsfokussierte Ausdauersportler braucht es hingegen genügend Kohlenhydrate: in vielen Situationen sind 6-8 g Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht eine sinnvolle Menge (die Lebensmittelpyramide für Sportler/innen gibt hier konkrete Empfehlungen)
  • In hoch-intensiven Trainingsphasen und direkt vor einem Wettkampf schraubt man die Kohlenhydratmenge etwas hoch, in ruhigeren Phasen entsprechend etwas hinunter, wenige Low Cab Phasen bringen Abwechslung in den Alltag.
     

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