Supplemente im Sport – Grosse Erwartungen an kleine Mittel

Paolo Colombani 4. Oktober 2017

Der globale Markt an Sportnahrung, inkl. den Supplementen, soll von aktuell knapp 30 Milliarden Dollar bis 2022 um 50 % wachsen. Die Anzahl an erhältlichen Supplementen ist ebenfalls enorm und schon lange nicht mehr überschaubar. Was soll man aber von ihnen halten?

Was ist Sportnahrung?

Die Fachleute der Sporternährung grenzen schon lange «Sportnahrung» und «Supplemente» voneinander ab. Als Sportnahrung bezeichnet man generell Kohlenhydrat- oder Proteinlieferanten, wenn sie in einer einfach händelbaren Form daherkommen und für Situationen gedacht sind, in denen der Konsum von üblichen Nahrungsmitteln zu umständlich ist. Sportgetränke, Proteinshakes oder Energieriegel sind hier die klassischen Beispiele. Per 1. Mai 2017 wurde diese Definition auch in die neue Schweizer Gesetzgebung zu den Lebensmitteln integriert.

Was sind Supplemente?

Supplemente kommen nur in kleinen Mengen als Pillen, Tabletten oder Kapseln daher. Sie heissen offiziell «Nahrungsergänzungsmittel» und sind eben zur Ergänzung und nicht als Ersatz der Nahrung gedacht. Sie müssen per Definition eine spezifische, physiologische Wirkung entfalten, die je nach Supplement unterschiedlich ausfallen kann. Die bekanntesten Supplemente sind Mineralstoff- und Vitaminpräparate, die im Sport als medizinische Supplemente eingestuft werden. Daneben gibt es im Sport auch die Kategorie von Supplementen, welche als leistungssteigernd gelten.

Der Schweizer Supplementguide

Für die einfache Beurteilung von Supplementen bietet die Swiss Sports Nutrition Society, mit Unterstützung von Antidoping Schweiz, den Schweizer Supplementguide als kostenlose Entscheidungshilfe an. Der Guide teilt die Supplemente in vier verschiedene Gruppe von A bis D ein. Der Einsatz von Supplementen der Gruppe A ist (in spezifischen Situationen im Sport) durch ausreichende wissenschaftliche Evidenz gestützt. Bei den B-Supplementen gibt es noch nicht genügend Forschung, die C-Supplemente liefern keinen nennenswerten Nutzen im Sport und D-Supplemente sind entweder aus Dopingsicht verboten oder bergen ein hohes Risiko an Kontamination mit verbotenen Substanzen.

Welche Supplemente halten ihre Versprechen?

Fachleute stimmen weltweit mit der Regel von Prof. Ron Maughan überein, einem führenden Experten der Sporternährung. Diese Regel lautet: «Wirkt ein Supplement, dann ist es wahrscheinlich verboten (d.h. auf der Dopingliste) – Ist es nicht verboten, dann wirkt es wahrscheinlich nicht. Es gibt Ausnahmen zu dieser Regel». 

Diese Ausnahmen sind im Supplementguide in der A-Gruppe aufgelistet. Die meisten Supplemente sind ohne Wirkung (C-Gruppe), ein paar sind verboten oder gefährlich (D-Gruppe) und bei einigen gibt es noch nicht genügend Daten, um sie abschliessend zu beurteilen (B-Gruppe). 

Sportlerinnen und Sportlern rät man generell, nur A-Supplemente zu verwenden. Der Einsatz muss aber individuell beurteilt werden und immer auf die bestehende Ernährung abgestimmt sein. Bei einer unkontrollierten oder blinden Supplementierung ohne Berücksichtigung der Ernährung kann der gewünschte Effekt komplett ausbleiben.

Täglich Supplemente?

Sportnahrung hat im täglichen Essensplan von Sportlern und Sportlerinnen durchaus einen berechtigten Platz. Insbesondere im Ausdauersport mit intensiven Trainings sind Sportgetränke oder Gels während der Belastung in vielen Situationen eine clevere Massnahme. Ein täglicher Einsatz von Supplementen ist hingegen nicht sinnvoll. Supplemente setzt man gezielt und zeitlich abgegrenzt ein, z.B. Koffein kurz vor und während eines Wettkampfs (aber nur nachdem man dies zuvor ausgetestet hat). Auch der tägliche Einsatz von Mineralstoff- oder Vitaminpräparaten kann, ohne nachgewiesenen Mangel, nicht generell befürwortet werden.

Wo Supplemente kaufen?

Supplemente können leider mit Dopingsubstanzen verunreinigt sein. Unseriöse Hersteller mischen diese hinzu, um ihre Produkte wirksamer zu machen – natürlich ohne die illegale Substanz zu deklarieren. Die Einnahme eines verunreinigten Supplements kann so zu einem ungewollten positiven Dopingtest führen. Wer kein Risiko eingehen will, kauft Supplemente nur von grossen Schweizer Firmen. In keinem ihrer Produkte wurden bis heute Verunreinigungen gefunden. Supplemente anderer Anbieter sollten vor ihrer Nutzung durch eine Fachperson in Sporternährung überprüft werden. 

Zusammengefasst für die Praxis:

  • Supplemente sind nicht für den täglichen Gebrauch gedacht, sondern zur Ergänzung der Ernährung in spezifischen Situationen
  • Sportnahrung wie Sportgetränke oder Gels macht hingegen im intensiven Trainingsalltag im Ausdauersport oft Sinn
  • Ohne Überprüfung der Ernährung ist von der Einnahme von Supplementen abzuraten
  • Vor dem Einsatz von Supplementen konsultiert man den Schweizer Supplementguide und verwendet nur A-Supplemente
  • Supplemente kauft man zur Sicherheit nur von grossen Schweizer Herstellern
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