Vitamin D in der dunklen Jahreszeit

Paolo Colombani 15. November 2017

Das Forschungsinteresse bei den Vitaminen gilt heute ganz klar dem Vitamin D. Die Anzahl wissenschaftlicher Studien zum Sonnenvitamin sind in den letzten 15 Jahren von knapp 1000 auf 4000 pro Jahr gestiegen. Was macht gerade das Vitamin D so interessant und muss man im Sport besonders darauf achten? 

Vitamin D nimmt unter den Vitaminen eine besondere Stellung ein. Es ist streng genommen kein Vitamin, sondern ein hormonähnlicher Stoff. Und es ist auch nicht eine einzige Substanz. Als Vitamin D fasst man das Ergocalciferol (Vitamin D2) und Cholecalciferol (Vitamin D3) zusammen. Aber der wesentliche Grund dafür, dass Vitamin D eine Ausnahmestelle unter den Vitaminen einnimmt, ist ein anderer: Menschen können das Vitamin D in ausreichender Menge in der Haut selbst bilden. Bei allen anderen Vitaminen ist dies nicht der Fall.

Ohne Sonne geht es nicht

Damit wir das Vitamin D überhaupt herstellen können, braucht es eine genügend intensive Sonneneinstrahlung auf die Haut. Sind wir zu wenig lange oder immer bekleidet an der Sonne, oder ist die Intensität der Sonne nur schwach, gibt es keine Vitamin D Produktion. Eigentlich könnten wir dank der Sonne genügend Vitamin D bilden. Die Angst vor dem Hautkrebs führt aber immer häufiger dazu, dass wir die Sonne oft meiden oder wir uns ständig mit Sonnencreme eindecken. Seit langem weiss man aber, dass bereits ein Schutzfaktor von 8 die Vitamin D Bildung verhindert.

Ohne Sonne wird es schwierig, an genügend Vitamin D zu kommen. Denn der Vitamin D Gehalt von Nahrungsmitteln ist sehr tief. Wer nicht täglich 300 g fetten Lachs isst, schafft es nicht ohne Sonne. Die Alternative wären dann Supplemente. 

Im Sommer für den Winter tanken

Im Winter bilden wir wegen der schwächeren Sonnenstrahlung kein Vitamin D mehr in der Haut, auch wenn wir an die Sonne gehen. Dies gilt für die Schweiz und auch Europa. Daher sollten wir im Sommer häufig Sonne tanken und sozusagen einen Vorrat an Vitamin D anlegen. Das im Fett gespeicherte Vitamin D hilft dann über die sonnenschwachen Wintermonate. Wichtig ist dabei: Auch ohne Sonnencreme an die Sonne gehen, aber selbstverständlich ohne sich dabei zu verbrennen. Es gilt einfach, wie fast überall, sich nicht zu extrem zu verhalten. Zu lange an die Sonne und einen Sonnenbrand bekommen oder die Sonne komplett meiden bzw. sich immer mit Sonnencreme zudecken, sind beides keine idealen Massnahmen. 

 

Wie viel Sonne reicht aus?

Die Bildung von Vitamin D hängt im Wesentlichen vom Hauttyp, dem Ort sowie der Jahreszeit ab. Das Bundesamt für Gesundheit hat geschätzt, dass in der Schweiz im Sommer ein Sonnenaufenthalt von 5 Minuten ausreicht, um den Tagesbedarf zu decken, wenn Gesicht, Arme und Hände von der Sonne beschienen werden. 

Vitamin D und die Knochen

Früher kannte man das Vitamin D nur als das Knochenvitamin. Denn bei einem langanhaltenden und schweren Vitamin D Mangel verformen sich die Knochen. Die viele Forschung der letzten Jahre führte aber dazu, dass man neue Wirkungen des Vitamins D entdeckte. Ausreichend Vitamin D unterstützt die normale Muskelfunktion sowie den Immunstoffwechsel und deswegen wird es im Sport heiss diskutiert.  

Vitamin D im Sport

Bei starker Ermüdung wird heute im Sport nicht nur an Eisenmangel, sondern eben auch an das Vitamin D gedacht. Und es stimmt. Bei einem Vitamin D Mangel sind Stoffwechsel und auch die Leistung im Sport nicht optimal. Entsprechend sieht man Verbesserungen, wenn ein zu tiefer Vitamin D Gehalt im Blut normalisiert wird. Zusätzliche Vitamin D gaben bei bereits genügendem Vitamin D Gehalt aber keine weiteren Verbesserungen. Und wie bei allen Nährstoffen gibt es aber auch beim Vitamin D ein Zuviel. Blutgehalte von 125 nmol/L und höher sind zu vermeiden, da dann negative gesundheitliche Folgen nicht mehr auszuschliessen sind. Entsprechend muss man von einer blinden, nicht vom Arzt oder Ärztin begleiteten Supplementierung abraten.

Tiefe Vitamin D Gehalte sind im Sport etwa gleich häufig wie in der allgemeinen Bevölkerung. So haben gemäss Schätzung des Bundesamtes für Gesundheit rund 50 % der Menschen in der Schweiz einen Gehalt von weniger als 75 nmol/L. Laut einer repräsentativen, aktuellen Studie im Schweizer Sport sieht die Situationen hier praktisch gleich aus: 50 % der Sportler/innen haben einen Vitamin D Gehalt im Blut von weniger als 75 nmol/L.

Zusammengefasst für die Praxis

  • Vitamin D wird mit Hilfe der Sonne in der Haut gebildet; die Ernährung liefert nur wenig Vitamin D
  • Im Sommer ist eine kontrollierte Sonnenexposition daher sehr sinnvoll; im Winter ist die Sonne zu schwach für eine genügende Vitamin D Produktion
  • Weniger als 75 nmol/L Vitamin D im Blut gilt als ungenügender Gehalt; etwa die Hälfte der Schweizer Bevölkerung, inklusive Sportler/innen haben weniger als diesen Zielwert
  • Eine Blutanalyse gegen Ende des Herbsts zeigt auf, ob man im Sommer genügend Vitamin D zur Überbrückung der dunklen Jahreszeit gebildet hat
  • Supplementierungen an Vitamin D zur Korrektur eines Mangels führt man in Absprache mit dem Arzt oder der Ärztin durch
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