Was essen vor dem Sport?

Joëlle Flück 13. April 2024

Foto: iStock.com/Jelena Danilovic

Die gesunde Ernährung im Alltag und eine gezielte Ernährung vor sportlichen Aktivitäten unterscheiden sich. Wie sieht die ideale Verpflegung vor einer intensiven und wie vor einer lockeren Trainingseinheit am Mittag oder Abend aus?

Die Ernährung vor dem Training hat zwei Hauptaufgaben: Energiebereitstellung, um eine entsprechende Qualität des Trainings zu gewährleisten sowie Reduktion von Hunger und Verdauungsbeschwerden während der Einheit. Erhöhter Stress sowie eine hohe Belastungsintensität sind häufig Gründe für solche Beschwerden im Magen-Darm-Trakt. Deshalb ist es besonders wichtig, gute Strategien zu entwickeln, die solche Beschwerden verhindern.

Intensive Belastungen benötigen Energie

Kohlenhydrate sind die wichtigste Energiequelle für hochintensive Belastungen. Ihre Speicherform ist das Glykogen, welches in der Muskulatur sowie in der Leber eingelagert wird. Wer kohlenhydratreiche Mahlzeiten und Snacks konsumiert, kann dadurch diese Speicher füllen. Und während der Belastung kann auf diese gespeicherten Energieformen zurückgegriffen werden. Die nötige Energie wird damit direkt am «Ort des Geschehens», in der Muskulatur, zu Verfügung gestellt.

Ist nicht ausreichend Energie in Form von Kohlenhydraten vorhanden, werden bei geringer sowie moderater Belastungsintensität vermehrt auch Fettsäuren als Energielieferant eingesetzt. Da die Energiebereitstellung über diesen Weg aber etwas langsamer abläuft, werden bei hochintensiven Belastungen die Kohlenhydrate bevorzugt. Sind nicht genügend Kohlenhydrate vorhanden – z. B. im Muskel oder über externe Zufuhr –, so muss die Belastungsintensität reduziert werden und die Trainingsqualität leidet. Deshalb lohnt es sich, vor hochintensiven Einheiten die Energiereserven in Bezug auf die Kohlenhydrate aufzufüllen.

Gut verdaut ist halb gelaufen

Vor dem Training eingenommene Nahrungsmittel können ihre gewollte Wirkung erst entfalten, nachdem sie verdaut und die darin enthaltenen Nährstoffe und Energie in den Körper aufgenommen wurden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass alles, was im Magen liegt, dem Körper noch nicht zur Verfügung steht. Die Aufnahme der Nährstoffe erfolgt erst im Darm (also nach dem Magen).

Alles, was zum Zeitpunkt einer sportlichen Aktivität noch im Magen liegt, kann aufstossen oder Übelkeit verursachen. Die Verdauungszeit hängt von der Art und Menge der Nahrung ab. Von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden kommt alles vor. Sportler sollten daher etwas experimentieren, um ihren persönlichen, idealen Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme herauszufinden. Zu beachten dabei: Bei Sportarten, bei denen weniger «Schläge» auf den Körper wirken (wie z. B. Radfahren), ist die Nahrungsverträglichkeit generell besser als im Laufsport, wo bei jedem Schritt der Magen-Darm-Trakt einen «Impakt» erfährt. Folgende Faktoren haben einen Einfluss auf die Verdauungszeit bzw. auf die Magenentleerungsrate:

  • Fett verlängert die Verdauungszeit: Daher sollten fettreiche Nahrungsmittel umso sparsamer eingesetzt werden. 
  • Protein verlängert die Verdauungszeit: Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier, Käse nur noch in kleinen Mengen einsetzen, insbesondere dann, wenn sie gleichzeitig fettreich sind.
  • Fette und Proteine haben keinen leistungsfördernden Effekt: Relevant ist einzig die Aufnahme von Kohlenhydraten.
  • Faserreiche (=ballaststoffreiche) Lebensmittel wie Gemüse oder Früchte liefern zwar viel Nahrungsvolumen, aber wenig Energie: In der unmittelbaren Vorbelastungsverpflegung sind sie daher nicht geeignet.
  • Flüssige Mahlzeiten werden schneller verdaut als feste.
  • Je grösser die Mahlzeit, desto länger die Verdauungszeit.
  • Je stärker die Lebensmittelverarbeitung (z.B. Kochen), desto rascher erfolgt die Verdauung.

Konkrete Ernährung vor dem Sport

Vor lockeren Einheiten

Die Energie, die während einer lockeren und kurzen Einheit bereitgestellt werden muss, fällt geringer aus als bei hochintensiven Einheiten. Genügend Kohlenhydrate zu konsumieren ist deshalb nicht so entscheidend für die Leistung während der Einheit. Gegen den Hunger empfiehlt es sich jedoch, bei einer Trainingseinheit am Mittag oder vor dem Abendessen, einen kleinen Snack wie eine Frucht, ein Brötchen oder einen Riegel zu konsumieren. Auch da ist die individuelle Verträglichkeit entscheidend, damit Verdauungsbeschwerden vermieden werden können.

Vor intensiven Einheiten

Wie erwähnt ist für qualitativ hochstehende, intensive Trainingseinheiten die Energiebereitstellung entscheidend. Der Stoffwechsel kann am meisten Energie erzeugen, wenn genügend Kohlenhydrate in den Glykogenspeichern der Muskulatur und Leber vorhanden sind. Es lohnt sich deshalb, bei der letzten grosse Mahlzeit (Frühstück oder Mittagessen) auf genügend Kohlenhydrate zu achten.

Doch wie viel Kohlenhydrate sind genug? Der Anteil beträgt je nach Trainingsintensität und Trainingsdauer sowie individuellen Bedürfnissen rund 1 bis 2 Gramm Kohlenhydrate pro kg Körpergewicht. Wer öfters mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen hat, sollte zusätzlich auf eine Reduktion des Nahrungsfaseranteils sowie eine Reduktion des Fettanteils achten. Beispielsweise eignet sich betreffend Nahrungsfaseranteil ein Weissbrot besser als Haferflocken. Ungefähr 30 bis 90 Minuten vor der Einheit könnte bei Bedarf noch einmal ein kohlenhydratreicher Snack eingenommen werden.

Beispiele für eine Mahlzeit 3-4 Stunden vor der Belastung

  • Kleine bis mittlere Portion/Mahlzeit auf Basis von Reis, Pasta, Mais oder Kartoffeln mit fettarmer Sauce und wenig Beilagen (z.B. Tomaten oder magere Fleischsauce).
  • Gut verdauliche Frühstücksflocken mit Milch oder verdünnter Milch (gute Milchverträglichkeit vorausgesetzt). Evtl. kombiniert mit Banane und/oder Früchten.
  • Brot mit Honig oder Konfitüre, evtl. kombiniert mit Fruchtmilch (z.B. magere Buttermilch).
  • Sandwiches: Brot mit eher fettarmer Füllung. Etwas Butter, Käse oder Fleisch ist ok, aber nicht übertreiben.

Beispiele für Snacks 1-2 Stunden vor einer Belastung

  • Sportriegel, fettarme Getreideriegel
  • Kleines Sandwich
  • Maisbrötchen oder Weissbrot mit Honig oder Konfitüre
  • Biberli, Basler Läckerli, Anisschnitte

Beispiele für Snacks bei weniger als 1 Stunde vor Belastung

  • Sportgetränke, schluckweise
  • Kohlenhydrat-Gels mit Flüssigkeit
  • Kohlenhydratreiche Sportriegel mit genügend Flüssigkeit, gut kauen
  • Reife Bananen

Fazit

Bei intensiven Trainingseinheiten ist die Ernährung in den Stunden vor der Einheit bezüglich Zusammensetzung (Kohlenhydrate, Verdauung, Aufnahme) sowie deren Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt entscheidend. Es lohnt sich, eine individuelle Strategie zu entwickeln, um das Training bei maximaler Intensität und gleichzeitig ohne das Auftreten von Magen-Darm-Problemen absolvieren zu können.