Wie Kälte die Ausdauerleistung beeinflusst
Kälte stellt eine oft unterschätzte Belastung für Ausdauersportler dar, besonders wenn die Körpertemperatur vor der Belastung absinkt. Die wichtigsten Erkenntnisse und Tipps.
Die menschliche Effizienz ähnelt einem Automotor: Ein Grossteil der Energie wird in Form von Wärme freigesetzt. Deshalb empfinden Sportler Kälte oft als nebensächlich, weil sie durch intensives Training schnell wieder warm werden. Neue Forschungsergebnisse aus dem Journal of Applied Physiology zeigen jedoch, dass Kälte die Ausdauerleistung erheblich beeinträchtigen kann – vor allem dann, wenn die Körperkerntemperatur bereits vor der Belastung abgesenkt ist.
Studienergebnisse im Überblick
Die Studie verglich vier Bedingungen, darunter eine thermoneutrale Umgebung (22 °C) und drei kalte Szenarien bei 0 °C. In den kalten Bedingungen wurde die Hauttemperatur der Probanden gesenkt, teils auch die Körperkerntemperatur um 0,5 oder 1,0 °C, bevor sie bei 70 Prozent der VO2-Maximalleistung bis zur Erschöpfung in die Pedale traten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Leistung mit sinkender Kerntemperatur drastisch abnahm: Allein die Kühlung der Haut reduzierte die Ausdauerleistung um etwa 30 Prozent, die Reduzierung der Körperkerntemperatur machte weitere 30 bis 40 Prozent aus.
Warum Kälte die Leistung reduziert
Mehrere Faktoren tragen zur Reduzierung der Leistung bei:
- Vasokonstriktion: Kälte verengt die Blutgefässe, wodurch weniger Sauerstoff zu den Muskeln gelangt.
- Energieverlust durch Zittern: Zittern erhöht den Energieverbrauch, zieht Ressourcen von der eigentlichen Bewegung ab und erschwert die Muskelkoordination.
- Chemische Einschränkungen: Kälte beeinträchtigt die Sauerstoffbindung im Blut und erschwert den Sauerstofftransport.
Interessanterweise stieg die Körperkerntemperatur in den hypothermischen Versuchen trotz maximaler Leistung kaum an. Der Blutfluss zu den Muskeln scheint das kalte Blut zurück in den Kern zu transportieren, so dass die Wärmeproduktion des Körpers unzureichend bleibt.
Mentale Auswirkungen und Motivation
Kälte beeinflusste nicht nur die Physiologie, sondern auch die mentale Verfassung der Probanden. Ihre Motivation war vor dem Start der Tests geringer, und die wahrgenommene Anstrengung war bereits zu Beginn der Belastung höher. Trotz dieser Unterschiede erreichten alle Teilnehmer am Ende des Tests die gleiche maximale subjektive Anstrengung (Borg 20).
Praktische Konsequenzen
Die Studie macht deutlich, dass nicht nur die Umgebungstemperatur während des Trainings oder Rennens entscheidend ist, sondern auch die Ausgangssituation. Haut- und Kerntemperatur beeinflussen die Leistung erheblich. Wer sich vor dem Sport oder beispielsweise vor einem Rennen längere Zeit in der Kälte aufhält, riskiert eine deutlich eingeschränkte Leistungsfähigkeit. Für Wintersportler und Läufer heisst das: Warm halten bis zum Start. Geeignete Massnahmen wie das Tragen isolierender Kleidungsschichten – etwa schnell ausziehbare Kleidung – sind essenziell, um eine optimale Körperkerntemperatur aufrechtzuerhalten.
Und im Sommer?
Genau umgekehrt verhält es sich, wenn es sommerlich heiss ist. Dann braucht der Körper nämlich zunehmend Energie für die Kühlung, um die Körperkerntemperatur möglichst auf 37 Grad zu halten. Diese Energie fehlt für die Bewegung und entsprechend folgt eine Leistungseinbusse bedingt durch viele Faktoren wie verringertes Herzminutenvolumen, Flüssigkeitsverlust und verminderten Nährstofftransport durch Umverteilung des Blutes an die Körperoberfläche oder einen Regelmechanismus im Gehirn. Besonders effektiv sind dann Precooling (z.B. Eisbad, Kälteweste) und Percooling (z.B. kalte Getränke, Kühlkragen). Je länger die Belastung, desto wichtiger.
Wie sich in Studien gezeigt hat, ist eine Gewöhnung an hohe Temperatur möglich. Pre- und Percooling sollten eingesetzt werden, um die letzten Prozente rauszuholen, wenn es wirklich darauf ankommt.
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