Wie sich der Kaufprozess eines Neos künftig radikal ändern wird

Die Wahl des richtigen Neoprenanzugs kann im Triathlon wertvolle Minuten einsparen. Doch ist der teuerste auch immer der beste? Der bislang grösste Neoprentest weltweit, der im Schwimmkanal Horgen durchgeführt wurde, ging neue Wege in der Diagnostik und gibt erstaunliche Antworten.

Der Schweizer Triathlon Coach Roy Hinnen hat in den 15 Jahren seiner Tätigkeit mit mehreren Hundert Athleten gearbeitet, deren Schwimmstile analysiert, korrigiert und die Sportler zu neuen Bestleistungen gecoacht. Interessanterweise konnten sich 5 Hauptfehler im Schwimmen identifizieren lassen, die sich bei den Triathleten typischerweise wiederholten. Diese sind: 

Zu wenig Abdruck hinten

  • Arm wird zu nah am Körper nach hinten geführt. => Wenig Druck, da die Verwirbelung in diesem Bereich zu gross ist.
  • Ellenbogen bleibt nicht stehen. => Kaum Vortrieb durch Unterarm(fläche).

Schlechte Wasserlage

  • Hüfte liegt zu tief. Hüfte ist zudem sehr unruhig. => Der Schwimmer generiert zu viel Widerstand im Wasser, dadurch leidet die Effizienz.
  • Der Schwimmer nutzt primär die Hände als Abdruckfläche für den Vortrieb. Der Unterarm bleibt auch hier ungenutzt. => Ellenbogen bewusst anstellen und Potential nutzen!

Zu wenig Beinschlag

  • Zu wenig Beinschlag. Wirkt etwas „abgehackt“. => Die Koordination von Oberkörper und Beinen ist nicht synchronisiert, dadurch leidet der Vortrieb des Schwimmers.
  • Unterarm wird nicht eingesetzt, d.h. bewusst gegen das Wasser stellen. => Aktuell wird Druckfläche nicht genutzt. Stichwort: hoher Ellenbogen unter Wasser! 

Arme zu weit aussen am Körper

  • Der Unterwasserzug verläuft viel zu weit aussen. => Es gelingt dem Schwimmer nicht, seine Kraft ins Wasser zu bringen.
  • Handflächen werden viel zu spät angestellt, d.h. kaum Vortrieb in der ersten Phase des Zuges. => Der Athlet setzt die vorhandene Kraft schlecht ein.

Armzug zu tief im Wasser    

  • Arme stechen viel zu steil ins Wasser. => Erste Phase des Zuges (und damit das Vortriebspotential) geht damit nahezu komplett verloren.
  • Die Schwimmerin stellt die Hände zu spät und dann auch nicht konsequent genug gegen das Wasser. => Effektivität und Effizienz leiden.

Genau diese 5 Hauptfehler waren es auch, die im September 2019 die Basis für die Durchführung des weltweit grössten Neoprentests im Schwimmkanal in Horgen bildeten, bei dem 38 Anzüge von 13 verschiedenen Herstellern unter die Lupe genommen wurden. Ziel dieses Tests war es herauszufinden, welcher Anzug bei welchem Schwimmstil die grössten Vorteile bringt. Speziell für diesen Test entwickelte Markus Nußbaum von BESTZEIT zusammen mit Sebastian Weber von INSCYD und Roy Hinnen verschiedene Schwimmökonomie-Parameter, die das Verhältnis von Energieeinsatz zu einer bestimmten Schwimmleistung dezidiert aufzeigen. 

 

Der Test wurde mit insgesamt sechs Schwimmern der unterschiedlichsten Leistungslevel durchgeführt. Dabei wurde bei den Probanden bewusst darauf geachtet, dass sie einerseits die typischen Triathlonschwimmer repräsentierten, die Neos kaufen, anderseits aber auch alle über individuelle Schwimmstile mit Fehlern und Stärken verfügten. Jeder Athlet schwamm während des Tests für eine definierte Zeit in jedem der 38 Anzüge. Aus den gewonnenen Rohdaten, der Atemgasanalyse und den Laktatwerten konnte man den energetischen Aufwand jedes Schwimmers und jedes Anzuges genau errechnen und vergleichen. 

Auf Basis des durchgeführten Tests lässt sich an folgenden Beispielen der einzelnen Schwimmer in den verschiedenen Kategorien zeigen, dass sich die Unterschiede der Neoprenanzüge stark auf die Ökonomie beziehungsweise den Energieverbrauch des Schwimmers auswirken. Um dies ganz konkret an einem Beispiel zu verdeutlichen, kann man sagen, dass der Schwimmer „Schlechte Wasserlage“ mit dem Anzug „Cell Gold“ (680 €) etwa 7 % mehr Energie gegenüber dem „Ultimate“ (875 €) einspart. Somit ist auch die Annahme, der teuerste sei auch immer der beste, eindeutig widerlegt.

Schlechte Wasserlage

 


Anmerkung: Je höher der Diagrammbalken, desto mehr Energie wird jeweils eingespart.

Arme zu weit aussen am Körper

 

 

Armzug zu tief im Wasser

 

 

Zu wenig Abdruck hinten

 

 

Zu wenig Beinschlag

 


Beim Neoprentest in Horgen ging es nicht hauptsächlich um das Finden eines „Over the top“-Anzuges, sondern vielmehr darum, für jeden einzelnen Schwimmer mit seinem individuellen Schwimmstil den energetisch besten Anzug zu finden. Über die Ermittlung des individuellen Energiebedarfs, der sich je nach Sportler und Anzug jeweils unterscheidet, kann die Kaufentscheidung für einen Neoprenanzug künftig transparenter, nachvollziehbarer - ja praktisch revolutioniert - werden. 

Jeder Triathlet, der nun einen Neoprenanzug kaufen möchte, sollte zunächst seinen Schwimmstil professionell analysieren lassen. Dies ist im Schwimmkanal Horgen zu einem Preis von CHF 149 (30 min) möglich. Erst, wenn man weiss, welche Art Schwimmer man ist, kann man den effektivsten Neoprenanzug wählen, der das eigene Schwimmdefizit bestmöglich ausgleicht und dadurch wertvolle Energie einsparen lässt.

 

Die Frage, ob man sich wichtige Minuten im Wettkampf kaufen kann, lässt sich somit eindeutig mit Ja beantworten!

In der Zeit von März bis Ende Mai bietet der Schwimmkanal Horgen Neopren-Testschwimmen an: Mehr erfahren

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Foto: ZVG