Die fünf «Sünden» der Hobbyläufer

11. Juni 2024

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Der Laufsport boomt in allen Alterskategorien und auch medial wird viel berichtet – und doch machen die meisten Hobbysportlerinnen und Hobbysportler immer dieselben Fehler. Welche, erklärt Experte Viktor Röthlin.

 1.      Zu wenig Geduld

Joggen ist eine Sportart für geduldige Menschen. Es braucht Zeit, bis etwas passiert. Als Einsteiger muss man bei den ersten Lauftrainings deshalb gehörig auf die Zähne beissen, weil zu Beginn wortwörtlich wenig läuft. Die Fortschritte kommen nicht von heute auf morgen, aber sie kommen.

Geduld ist auch angesagt, wenn man regelmässig läuft und immer besser wird, auch da passieren keine Quantensprünge innert kürzester Zeit. Und je schneller man wird, desto schwieriger wird es, seine Zeiten zu verbessern. Wo man zu Beginn in Minuten rechnen konnte, werden es irgendwann Sekunden. Deshalb die wohl wichtigste Devise im Laufsport: Dranbleiben und nochmals dranbleiben, es lohnt sich.

 2.      Zu wenig Pause

Eine Beobachtung, die ich in all den Jahren gemacht habe, finde ich im Hobbysport richtig krass: Hobbyläufer machen NIE Pause. Mit Pause meine ich nicht einen Ruhetag oder zwei, sondern zweimal im Jahr eine zwei- bis dreiwöchige komplette Laufpause, in der man auch sonst sportlich nichts oder nur sehr wenig macht. Daher mein Aufruf: Lasst euch zweimal im Jahr leistungsmässig mit einer kompletten Pause richtig in den Keller fallen, denn danach sind die Batterien voll für einen neuen Aufbau und eine neue Höchstleistung.

Die Formkurve bei Hobbysportlern ist praktisch flach oder leicht wellig, bei einem Profiläufer hingegen ist sie viel ausgeprägter und hat tiefe Täler, aber auch hohe Berge.

 3.      Zu wenig Ergänzungstraining

Laufen macht Spass, ist aber nicht wie Schwimmen eine Sportart, die dem Körper einfach nur guttut, sondern ihn auch beansprucht. Und weil ein Ergänzungstraining halt weniger Spass macht, lassen es viele einfach weg, vor allem dann, wenn es ihnen noch gut geht.

Wissenschaftlich belegt ist der Zusammenhang zwischen Verletzungsanfälligkeit und Ergänzungstraining zwar nicht, aber ich behaupte: Wer regelmässig Ergänzungstraining macht, ist weniger verletzt oder mindert zumindest das Risiko dafür. Man ist dann einfach stabiler, robuster und vielseitiger unterwegs, was sich auch positiv auf die Leistung auswirkt. Wenn ich benennen muss, welches Ergänzungstraining besonders wichtig ist, dann würde ich priorisieren: Rumpf vor Füsse vor Beine. Um die Wichtigkeit des Rumpfs wissen mittlerweile viele Hobbyläufer Bescheid, gezielt ihre Füsse trainieren aber nur wenige.

 4.      Zu wenig Regeneration

Für Profisportler ist die Regeneration und auch die Planung derselben äusserst wichtig, bei Hobbyläufern passiert in der Regel genau das Gegenteil, wenn sie ambitionierter werden. Sie steigern neben Beruf und Alltag auf ein Ziel hin das Training, müssen dann aber in der Regeneration Abstriche machen und haben keine Zeit mehr dafür.

Meine Faustregel lautet: Die halbe Trainingszeit sollte für die Regeneration aufgewendet werden. Wer also acht Stunden wöchentlich trainiert, sollte vier Stunden gezielt für die Regeneration einsetzen mit Massnahmen wie Sauna, Massage, Faszienrolle oder schlicht mit Nichtstun. Und wer das Trainingsvolumen steigert, sollte auch die Regenerationszeit erhöhen.

 5.      Zu wenig Schuhe

Laufen ist für den Körper per se ein monotoner Sport, deshalb sollte man diese Monotonie nicht noch zusätzlich verstärken, indem man immer den gleichen Schuh trägt. Daher mein Tipp: Braucht nicht nur einen Schuh und immer denselben, sondern tragt mehrere unterschiedliche Paar Laufschuhe. Das sage ich nicht, weil ich gerne Schuhe verkaufe, sondern weil ich sehe, mit was für Schuhen die Leute teilweise ins Geschäft kommen.

Mit mehreren Schuhen kann man spielen. Mal trägt man einen mit harter Dämpfung, dann einen mit weicher oder einen flach gebauten oder einen mit Rockersohle. So belastet man seinen Körper deutlich vielseitiger. Meine Beobachtung ist, dass Läuferinnen und Läufer, die in unterschiedlichen Schuhen trainieren, weniger verletzt sind.