Die Pizzatechnik: Das mentale Werkzeug, um deine Anstrengung zu unterteilen und deine Ziele zu erreichen.
@Canva.com: Michelangelo
Ob es um einen sechsmonatigen Trainingsplan, den 30. Kilometer eines Marathons oder einen Lauf bei Regen handelt – jeder Sportler hat dieses Gefühl der Demotivation schon gespürt, noch bevor er überhaupt angefangen hat.
Das Ziel erscheint so weit entfernt, so herausfordernd, so langweilig, dass es den Geist lähmen kann, noch bevor der Körper „Stopp“ sagt.
Wie kann man diese Herausforderungen angehen, ohne überwältigt zu werden?
Die Lösung hast du wahrscheinlich schon einmal in einer Pizzeria gesehen. Es handelt sich um eine äusserst einfache, aber wirkungsvolle mentale Strategie: die Pizza-Technik.
Die wahre Grenze ist nicht muskulär, sondern psychologisch
Unser Gehirn ist äusserst effektiv darin, kurze, klar definierte Aufgaben zu bewältigen. Bei einem grossen, in weiter Ferne liegenden Ziel kann es jedoch Signale von Stress, Unsicherheit und Entmutigung auslösen. Das ist eine Schutzreaktion: Die Aufgabe wirkt "schwer verdaulich". Das Ziel ist also, das Gehirn zu „täuschen“, indem wir ihm die Anstrengung anders präsentieren.
Der grosse Vorteil dieser mentalen Technik ist, dass sie ein echtes Multitool für dein Training ist: Du kannst sie bei der Planung deines Ziels über mehrere Monate, bei der Steuerung deiner Anstrengung am Tag des Rennens und bei deiner Motivation im Training anwenden.
Dein Aktionsplan: Die Pizza in 4 Schritten
1. Die ganze Pizza erfassen: Das ist dein Ziel in seiner Gesamtheit
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Während der Vorbereitung: Formuliere dein Ziel klar und präzise. „Den ersten 10-km-Lauf beenden“, „den Marathon in Lausanne in weniger als 4 Stunden absolvieren“ oder „den ersten Triathlon schaffen“.
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Während dem Rennen: Das ist die Gesamtstrecke des Tages. Die 42,195 km des Marathons, die 10 km, Sierre-Zinal usw.
- Während einem schweren Training (bei Regen, ohne Motivation): Das Ziel kann konkreter und präziser formuliert sein. Beispiele sind: „Meine geplante Einheit durchführen“ oder „Meine 7 Intervallblöcke beenden“.
2. Den Lauf in logische Abschnitte unterteilen. Hier gewinnt die Strategie an Bedeutung, indem sie auf den Zeitrahmen abgestimmt wird.
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Vorbereitungsabschnitte (Monate, Wochen): Diese Abschnitte sind die logischen Etappen deines Plans. Ein Abschnitt kann beispielsweise der erste Monat des Trainings, eine wichtige lange Ausfahrt in der nächsten Woche, ein Vorbereitungslauf oder sogar die Anmeldung zum Wettkampf sein.
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Renn- oder Trainingsabschnitte (Minuten, Kilometer): Diese Abschnitte sind Segmente der Strecke. Am effektivsten ist es, sie von einer Verpflegungsstation zur nächsten oder von einem festen Punkt zum anderen zu definieren. Es können auch Kilometerblöcke sein (z. B. alle 5 km oder sogar 1 km, wenn das bequemer ist) oder visuelle Orientierungspunkte (die nächste Brücke, die Kurve dort oder der Gipfel der Steigung).
3. Sich auf einen einzigen Abschnitt konzentrieren: Das ist die goldene Regel, das Geheimnis des Erfolgs.
Sobald du mit dem Lauf oder dem Training begonnen hast, solltest du das grosse Ganze absichtlich vergessen.
- In der Vorbereitung: Vergiss den Marathon in sechs Monaten. Dein einziges Ziel ist die Trainingseinheit von morgen.
- Während des Laufs: Vergiss die verbleibenden 25 Kilometer. Deine einzige Mission ist es, den aktuellen Abschnitt zu beenden, beispielsweise die nächste Verpflegungsstation zu erreichen. Du unterteilst eine Anstrengung von mehreren Stunden in eine Serie von „Missionen“ von 15 bis 20 Minuten oder sogar weniger.
4. Nach jedem Abschnitt bestätigen und „zurücksetzen“: Jedes erreichte Zwischenziel ist ein Sieg, der anerkannt werden muss, um einen positive Dynamik zu erzeugen.
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In der Vorbereitung: Wenn du einen Monat Training hinter dir hast, würdige die geleistete Arbeit. Das bestätigt deinen Fortschritt und stärkt dein Selbstvertrauen für den nächsten Schritt.
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Während des Rennens oder Trainings: Führe jedes Mal, wenn du einen „Abschnitt“ beendest (z.B. nach Erreichen einer Versorgung), ein kurzes mentales Ritual durch. Feiere den Erfolg („Okay, der Abschnitt ist geschafft!“), trinke etwas und fokussiere dich sofort wieder auf den Beginn des nächsten Abschnitts. Dieser Ablauf verhindert, dass dein Gehirn überfordert wird, weil er die mentale Belastung reduziert und deine Aufmerksamkeit auf das Erreichen von Zwischenzielen lenkt.
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Die Pizzatechnik verändert dich. Du bist nicht mehr nur ein Opfer der Distanz, sondern gehst sie aktiv an. Deine grösste Stärke ist deine Flexibilität. Es gibt keine starre Formel, sondern eine mentale Herangehensweise, die du in deinem eigenen Tempo und nach deinen Bedürfnissen anwenden solltest.
Denk dabei an die Speisekarte in einem Restaurant: Du entscheidest, welche „Pizza“ am besten zu dir passt und definierst die Stücke.
- Nach Zeit oder Strecke? (z. B. alle 20 Minuten oder alle 5 km).
- Nach Landschaft? (z. B. von einer Verpflegungsstation zur nächsten oder bis zur nächsten Strassenlaterne).
- Nach Gefühl? (z. B. ein Stück zum Aufwärmen, eines für den schwierigen Teil, eines für das Ende).
Du bist der Chef: Finde das Rezept, das dir am besten schmeckt.
Wenn du das nächste Mal vor einer Herausforderung stehst, dann betrachte sie nicht als Berg. Betrachte sie als Pizza, die du Stück für Stück geniessen kannst.
Mit 30 Jahren Erfahrung ist Benoît Zwick ein Experte für sportliche Leistung, der sich auf mentale Vorbereitung spezialisiert hat. Er ist der Gründer von Nexoo, der Referenzplattform, die entwickelt wurde, um mentale Vorbereitung zu modernisieren und für alle Sportler zugänglich zu machen.
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