Gelten für Athletinnen andere Ernährungsempfehlungen?

Joëlle Flück 8. Dezember 2021

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Vier interessante Aspekte der Ernährung unter der Lupe. Was sind die Konsequenzen für Sportlerinnen?

Das Internationale Olympische Komitee hat sich zum Ziel gesetzt, eine Frauenbeteiligung an den Olympischen Spielen in Tokyo 2021 von fast 50% zu erreichen und spricht von den ersten «gender-balanced Olympic Games in history». Doch, was wissen wir in den Sport- und Ernährungswissenschaften in den Bereichen Training, Zyklus und Ernährung im Frauensport? Nur ein kleiner Anteil der wissenschaftlichen Studien wurde mit weiblichen Studienteilnehmern durchgeführt. Gründe dafür sind vielschichtig: Zyklusabhängige Faktoren, geringere Leistungsdichte, weniger Studienteilnehmerinnen. So ist es aktuell in den wenigsten Fachbereichen möglich, evidenzbasierte Empfehlungen zu formulieren. Häufig dienen Empfehlungen aus Studien, welche mit Männern durchgeführt wurden, als Grundlage für beide Geschlechter. In diesem Beitrag werden vier Aspekte der Ernährung für Athletinnen diskutiert.

Bedarfsdeckende Energiezufuhr

Aufgrund der kleineren Körpergrösse, des tieferen Gewichtes wie auch einem tieferen Anteil an fettfreier Masse, ist der Energiebedarf von Athletinnen geringer als jener ihrer männlichen Kollegen. Um gesund und reproduktionsfähig zu sein, aber auch für optimale Trainingseffekte und Leistungsfähigkeit ist es für Athletinnen wichtig, dass die Energiezufuhr bedarfsdeckend ist.

Rund 22-58% der Athlet*innen decken ihren Energiebedarf nicht, wobei Athletinnen viel häufiger davon betroffen sind als Athleten. Um dem vorzubeugen, wird empfohlen, dass Athletinnen individuell und sportartspezifisch in Sporternährung betreut und begleitet werden. Weiter ist es auch wichtig, dass Trainer und Betreuer diese Problematik kennen und wissen, wie damit umzugehen ist. Auch der Einfluss von sozialen Medien oder der Druck, einem gewissen Körperbild zu entsprechen, darf nicht übersehen werden. Beides wirkt sich auf die physische und psychische Gesundheit aus.

Kohlenhydrate im Sport

Bis eine grössere Anzahl neuer Studien mit Athletinnen vorhanden ist, welche die Kohlenhydratzufuhr während der sportlichen Leistung in Abhängigkeit mit dem Trainingsumfang und dem Zyklus untersuchen, gelten für die Athletinnen ähnliche Ernährungsempfehlungen bezüglich Kohlenhydratzufuhr wie für die Athleten. Unklar scheint, welchen Effekt «Train Low», also Training mit entleerten Glykogenreserven, bei Frauen auf die Leistungsfähigkeit wie auch auf die Gesundheit sowie die Trainingsanpassung haben kann. Solche Trainings sind deshalb momentan noch mit Vorsicht einzusetzen.

Weniger Protein für Frauen notwendig?

Aufgrund eines erhöhten Protein-Turnovers liegt die empfohlene Proteinzufuhr im Sport (1.2 bis 2.0 g/kg/Tag) weit über dem Wert, welcher für die «normale» Bevölkerung (0.8 g/kg/Tag) empfohlen wird. Diese sportspezifischen Proteinempfehlungen basieren jedoch vorwiegend auf Studien, welche mit männlichen Studienteilnehmern durchgeführt wurden. Man vermutet, dass bei Athletinnen mit normalem Zyklus gegen Ende des Zyklus, wo Östrogen und Progesteron hoch sind, der Proteinbedarf ansteigt. Dies zeigt sich in einer erhöhten Nitrogenausscheidung sowie einem erhöhten Proteinabbau. Inwiefern dies einen Einfluss auf die Proteinzufuhr haben kann, muss in Zukunft noch genauer untersucht werden, bevor zyklusabhängige Empfehlungen gemacht werden können.

Flüssigkeitshaushalt im weiblichen Körper

Während dem Menstruationszyklus werden Durstgefühl und Wasserhaushalt im Körper reguliert. Dabei erhöht sich durch die Östrogenkonzentration sowie durch das ansteigende Progesteron (zweite Zyklushälfte) die Wasserretention im Körper. Das Tragen von Stützstrümpfen, insbesondere in der zweiten Zyklushälfte, kann helfen, Wassereinlagerungen in den Beinen vorzubeugen. Es wird beschrieben, dass der weibliche Körper in der zweiten Zyklusphase eher zu einem Flüssigkeitsmangel neigt. Dass ein solcher Flüssigkeitsmangel einen negativen Einfluss auf die Ausdauerleistungsfähigkeit hat, ist bekannt. Inwiefern sich dadurch aber die Flüssigkeitsempfehlungen für Athletinnen verändern, ist noch nicht geklärt.

Fazit

Obwohl bereits einige Studien die Auswirkungen des Menstruationszyklus auf physiologische Parameter wie auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen beschreiben, ist generell noch wenig wissenschaftliche Evidenz vorhanden, um gezielte Empfehlungen machen zu können. Generell wird Athletinnen geraten, mit einer Fachperson für Sporternährung die Ernährung auf ihre individuellen Bedürfnisse abzustimmen. Zudem sollen frauenspezifische Themen angesprochen werden. Es lohnt sich zudem zu klären, ob die Athletin hormonell verhütet, ob der Zyklus regelmässig stattfindet und welche Körpersymptome dabei beobachtet werden können. All diese Fakten helfen weiter, die Ernährung, das Training und die Gesundheit zu optimieren.