Interview mit Daniel Hubmann
Daniel Hubmann gilt als der erfolgreichste Schweizer Orientierungsläufer. Der gelernte Schreiner ist seit 2007 Profi und hat bei den Weltmeisterschaften in Estland im Juli soeben die Goldmedaille im Sprint gewonnen.
Seit über 10 Jahren gewinnst du regelmässig Medaillen an Grossanlässen. Welches sind in deinen Augen die wichtigsten Punkte, die dich so weit gebracht haben und zum Erfolg führen?
Ich denke, der wichtigste Punkt ist die Motivation, etwas erreichen zu wollen. Wenn man wieder gewinnen will, muss man immer dran bleiben und hart trainieren, über viele Jahre hinweg.
2012 hast du verletzungsbedingt aussetzen müssen. Es heisst allgemein, dass man in schwierigen Phasen besonders viel lernt. Welches waren deine wichtigen Schlüsse, die du aus der Verletzungsphase gezogen hast?
Während ich den Achillessehnenriss am Auskurieren war, habe ich gemerkt, wie sehr ich es vermisse Sport zu treiben und an Wettkämpfen zu starten. Ich realisierte, dass mir etwas fehlt und so kam eine starke Überzeugung auf, dass ich unbedingt wieder zurück an die Spitze will. Vielleicht bin ich gerade deswegen auch heute noch motiviert.
Kannst du uns aufzeigen, wie eine typische Trainingswoche bei dir ausschaut, welche Trainingsformen zur Anwendung kommen?
Wenn ich zu Hause bin, liegt der Fokus vor allem auf dem physischen Training. Ich trainiere etwa so wie ein Langstreckenläufer. Als Orientierungsläufer laufe ich auch dann viel querfeldein, hinauf und hinunter. Durchschnittlich mache ich 12 Lauftrainings pro Woche, daneben noch Kraft- und Alternativtraining, meist in Form von Velofahren. Das Kartentraining mache ich primär in Trainingslagern, wo ich meist zusammen mit einer Gruppe gezielt in einem unbekannten Gebiet Posten anlaufe.
„Der Weg ist das Ziel“, gilt beim Orientierungslaufen insbesondere. Kannst du uns OL besser erklären? Was läuft in deinem Kopf/vor deinem geistigen Auge ab, wenn du im Rennen die Karte siehst? Was sind deine Gedanken, wenn du unterwegs bist? Wie wählst du dein Tempo, um das Maximum herauszuholen? Welches sind die Herausforderungen unterwegs?
Im Kopf bin ich im Idealfall immer einen Schritt voraus, d.h. ich weiss nicht nur wo ich bin, sondern wo ich hin will. Dazu muss ich diverse Informationen von der Karte aber auch vom Gelände verarbeiten und immer wieder Entscheidungen treffen. Die Gedanken drehen sich vor allem um die Ausführung der gewählten Route. Jedoch speichere ich mir nicht extrem viele Dinge, sondern habe ständigen Kartenkontakt, ohne dafür stillstehen zu müssen.
Oftmals wird das Tempo durch die „kartenleserischen“ Schwierigkeiten bestimmt, und ich mache mir gar nicht so viele Gedanken über das Tempo, denn viele Abläufe sind automatisiert. Es gibt aber schon gewisse Rennsituationen, während denen ich bewusst abbremsen muss, z.B. wenn ein schwieriger Posten wartet. Handkehrum muss man bei einer einfachen Teilstrecke wieder bewusst Tempo machen, da man sonst Zeit verlieren würde.
Der Umgang mit Fehlern ist etwas Schwieriges. Denn man darf während dem Wettkampf nicht lange darüber nachdenken, sondern muss sich auf die kommenden Aufgaben konzentrieren. Eine weitere Schwierigkeit ist das richtige Konzentrationslevel zu halten. Bei kurzen Wettkämpfen ist man voll konzentriert, bei Langdistanzen über rund 17 Kilometer schweifen die Gedanken schon mal ab. Da muss man im richtigen Moment wieder voll bei der Sache sein.
Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preis geben kannst? Ein Schlüsseltraining, einen Ernährungs- oder Techniktipp zum Beispiel?
Ich bin nicht so Fan von Geheimtipps, denn vielmehr glaube ich, dass Erfolg auf dem Zusammenspiel verschiedener Bereiche basiert. Konstanz beim Training, Erholung und der Ernährung sind sehr wichtig. Ein erfolgreicher Spitzenathlet zu sein, heisst seinen Lebensstil darauf auszurichten.
Bilder: Rémy Steinegger
Wir danken Daniel Hubmann für die spannenden Antworten.
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