Interview mit Michi Rüegg

21. April 2021

Anfang April hat Fabienne Schlumpf die Olympialimite im Marathon geknackt und mit 2:26:14 auch noch gleich den Schweizer Rekord geholt. Grund genug, bei Michi Rüegg, ihrem Trainer und Lebenspartner nachzufragen.

Wie hast du den Lauf von Fabienne auf dem Belpmoos erlebt? Kannst du uns Einblick in ihr Rennen und deine Gefühlswelt geben? 

Das Rennen war für mich weniger emotional, als ich gedacht hatte. Alles war bis ins Detail (Pacer, Verpflegung, …) sehr gut vorbereitet, und wir hatten einen klaren Plan. Während des Rennes verlief dann alles genau so, wie wir es geplant hatten. Es gab keine Unsicherheiten. Es gab also keine Überraschungen für mich. Natürlich freut man sich dann immer riesig, wenn ein Plan perfekt aufgeht.

Da wir noch nie zusammen einen Marathon vorbereitet hatten, war die Verschiebung kein grosses Problem. (Anmerkung Redaktion: Das Rennen wurde aufgrund der schlechten Wetterprognose um 3 Wochen verschoben) Wir hatten ja noch keine eingeübte Vorbereitung. Es war sowieso alles neu für Fabienne. Wichtig war, sich nach der Verschiebung klare Gedanken zu machen und sich zu entscheiden, was wir machen werden. Schnell stand aber mit dem neuen Datum in Belp das neue klare Ziel fest.

Fabienne hat in ihrem ersten Marathon überhaupt gleich reüssiert. Welches waren für dich die drei Schlüssel zum Erfolg? 

Der Schlüssel zum Erfolg war sicher die Konstanz im Training. Nach zwei Wochen Pause im Oktober 2020 hatte Fabienne 153 Tage Vorbereitung bis zum grossen Tag mit dem Marathon. An 149 dieser Tage hat sie mindestens ein Lauftraining absolviert. Gerade einmal an 3 Tagen haben wir nicht das gemacht, was ich geplant hatte, und ein einziges Alternativ-Training kam in dieser Zeit vor.

Auch wenn es ihr erster Marathon war, kam das Ganze ja nicht aus dem Nichts. Seit mehreren Jahren haben wir es aufgebaut. Also zuerst lange Zeit trainiert, um das gezielte Marathontraining dann auch absolvieren zu können. Und nur darum war diese Vorbereitung so auch möglich.

Was rätst du einem Hobbysportler ganz allgemein, der sein Training optimieren möchte?

  1. Variation im Training finde ich ganz wichtig. Das heisst aber nicht, möglichst viele verschiedene Dinge zu tun. Sondern eigentlich immer wieder das Gleiche zu tun, ohne das Gleiche zu tun. Also nicht drei Mal die Woche die gleiche Runde im gleichen Tempo laufen, sondern einmal etwas schneller und einmal eine etwas grössere Runde wählen usw.
  2. Ein klares Ziel zu haben scheint mir auch ganz entscheidend. Nur dann kann man die Frage beantworten, was das richtige Training überhaupt sein könnte.
  3. Erfolge muss man langfristig aufbauen. Der nächste Schritt basiert immer auf dem, was man schon gemacht hat und schon kann.

Wie würdest du deine Trainingsphilosophie beschreiben?

  • Keep it simple. Laufen ist eine der simpelsten Sportarten, die es gibt. Also wieso es kompliziert machen.
  • Ich frage mich, was muss ich verbessern, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dann entscheide ich mich, was ich mache, um das dann zu verbessern. Alles andere lass ich weg.
  • Mein Training basiert sicher auf viel Grundlagenarbeit, viel aerober Ausdauer. Der gute Mix aus Spass und Fleiss und Lockerheit und Seriosität ist mir sehr wichtig.

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst?

Es gibt keine Geheimnisse bei mir. Und im Ausdauersport gibt es keine Abkürzungen. Mit einem klaren Ziel, einem guten Plan und viel Fleiss kann man sehr viel erreichen.

Foto: zvg

Wir danken Michi Rüegg für die spannenden Antworten.