Interview mit Nicole Koller
Bei ihrer ersten Teilnahme gewinnt die 27-jährige Zürcherin zusammen mit ihrer Partnerin Anne Terpstra – am legendären Bike-Event in Südafrika wird in Zweierteams gefahren – die «Tour de France des Mountainbike-Sports». Die zwei Teamkolleginnen gewannen dabei den Prolog und alle sieben Etappen!
Einen Sieg am Cape Epic können nur ganz wenige in ihrem Palmarès vorweisen. Kannst du uns Einblick in deine Erlebnisse und deine Gefühlswelt geben?
Ja, ein Erlebnis und ein Erfolg, auf den ich sehr stolz bin und den ich sicher nie vergessen werde. Wir waren das kleinste Team mit nur 3 Staff vor Ort, aber alle waren mit dem Herz dabei und haben jeden Tag 150% gegeben. Umso schöner ist es, dass wir ihre harte Arbeit mit diesem Sieg belohnen konnten.
Ich hätte ehrlich gesagt niemals gedacht, dass Siegen mental so anstrengend sein kann. Es klingt vielleicht blöd, aber wir waren in diesen 8 Tagen 32 Stunden lang hyperfokussiert (Trails, Konkurrenz, Taktik, Verpflegung, etc.). Am Ende gewinnt man eine Etappe und freut sich riesig über diesen Erfolg, aber im Hinterkopf spukt schon der nächste Tag. Aber wir haben versucht, diese Tage auch zu „geniessen“. Es waren sehr schöne Etappenorte dabei und die Organisation hat einen grandiosen Job gemacht, um uns ein perfektes Rennen zu bieten. Aber am Ende, glaube ich, habe ich es auch nach fast 3 Monaten noch nicht so richtig begriffen.
Du bist nicht nur eine erfolgreiche Mountainbikerin, sondern warst auch schon Schweizer Meisterin im Radquer und zweimal Weltmeisterin in der Mixed-Staffel auf der Strasse. Kannst du uns Einblick in deinen Trainingsalltag geben?
Tatsächlich war (bin) ich immer noch sehr interdisziplinär unterwegs. Früher mehr als heute, weil ich gemerkt habe, dass mir eine rennfreie Zeit im Winter einfach gut tut.
Ich habe auf diese Saison hin den Trainer gewechselt. Das hat sich natürlich einiges verändert und viel frischen Wind in meine Trainingsstruktur gebracht. Zum Beispiel trainiere ich jetzt täglich, aber ich mache nich mehr zwei Trainingseinheiten auf dem Rad an einem Tag. So sehen meine Tage ziemlich ähnlich aus... Morgens zwischen 09.30 und 10.30 Uhr beginne ich mein Radtraining, das aus verschiedenen Einheiten besteht (easy, Vo2max oder Kraftübungen). Die Dauer variiert zwischen 2 und 4 Stunden. Danach putze ich mein Rad, denn das ist nicht meine Lieblingsarbeit. Danach gibt es Mittagessen und ein PowerNap. Die Nachmittage sind frei für andere Dinge, mal ein Rumpftraining oder Zeit mit meiner Familie und Freunden verbringen. Mit welchem Rad ich meine Trainingseinheiten absolviere steht mir völlig frei. Allerdings tendiere ich dazu, Schlüsseleinheiten (Intervalle) auf meinem MTB und längere ruhige Einheiten auf der Strasse zu absolvieren. Ein guter Mix macht's wohl aus.
Je erfolgreicher man ist, desto grösser werden der Druck und die Erwartungen. Wie gehst du damit um? Welche Tipps kannst du eventuell Hobbysportlern geben, die auch unter Nervosität vor Wettkämpfen leiden?
Ja, mit dem Erfolg kommen natürlich auch die Erwartungen. Damit werde ich immer wieder in unterschiedlicher Form konfrontiert und es ist auch für mich nicht immer einfach, damit umzugehen. Eines ist für mich klar, ich setze mich selbst am meisten unter Druck und habe sehr hohe Erwartungen. Es hilft mir sehr, mich daran zu erinnern, wo ich angefangen habe und welche Fortschritte, Verbesserungen und Krisen ich bereits überwunden habe. Klare Fakten aufzuschreiben und mit diesem Wissen an die Startlinie zu gehen. Alles zu geben liegt in meiner Natur und die Nervosität zeigt mir nur, wie wichtig mir das Ganze ist. Das gehört für mich einfach dazu. Natürlich gibt es auch kleine Rituale, wie die Meditation am Morgen des Renntages oder gute Musik beim Aufwärmen. Am Ende gibt es wohl keinen einfachen Schlüssel, sondern man muss einfach ausprobieren, was passt.
Was sind deiner Meinung nach die 3 wichtigsten Punkte, die zum Erfolg führen?
- Spass & Freude - a happy rider is a fast rider
- Ehrgeiz & Durchhaltewillen
- Vertrauen
Gibt es einen Geheimtipp aus den Bereichen Training, Material, Ernährung oder Erholung, den du uns verraten kannst?
Am Ende würde ich wohl etwas sagen, was für alle Bereiche gleichermaßen gilt: Alles mit einer gewissen Lockerheit angehen und sich nicht in Details verlieren.
Und sich von Experten unterstützen und helfen lassen und ein gutes Umfeld und Unterstützungsteam schaffen.
Fotos: zVg
Wir danken Nicole Kohler für die spannenden Antworten.
Mehr Infos zu Nicole Kohler gibt es hier.
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