Interview mit Rea Iseli
Fotos: Thaidotrun Co.
Rea Iseli sicherte sich im Rahmen der Berglauf-WM zusammen mit Judith Wyder und Maude Mathys den Titel im Up-and-Down-Rennen. Auf der 10,7 km langen Strecke waren 475 positive und anschliessend negative Höhenmeter zu überwinden.
Wie hast du «deinen» Tag erlebt? Kannst du uns Einblick in dein Rennen und deine Gefühlswelt geben?
Die Emotionen der anderen Läuferinnen und Läufer während der Rennen in den Tagen zuvor mitzuerleben, motivierte mich ungemein und ich konnte es kaum erwarten, auch endlich an der Startlinie zu stehen. Ich war sicher nervös, aber gleichzeitig auch viel lockerer als bei anderen solchen Erlebnissen, da ich es nach meinen gesundheitlichen Problemen schon als grosses Geschenk empfand, überhaupt antreten zu können. Ziel war es infolge der Hitze und Luftfeuchtigkeit zurückhaltend in den ersten flachen Teil zu starten, in der ersten Hälfte bergauf so gut dranzubleiben wie es geht, in der zweiten die Läuferinnen in Reichweite vor dem Teil bergab noch zu überholen und dann bergab meine Stärke auszuspielen. Im Rennen selbst lief ich bergauf etwas über meinen Verhältnissen, fand aber glücklicherweise einen Zustand hart am Limit, ohne zu stark einzubrechen. Auf den Teil bergab habe ich mich am meisten gefreut: den Reiz zwischen Sicherheit und Kompromisslosigkeit auf die vorderen Läuferinnen aufzulaufen und sie im richtigen Moment zu überholen. Ich konnte sicher zehn Läuferinnen überholen und hatte ein gutes Gefühl, dass mit dem Team eine Medaille in Reichweite liegen könnte. Das war Motivation genug, um auch im letzten flachen Teil und an der prallen Sonne nicht nachzulassen und bis am Schluss, um jede Position zu kämpfen. Im Ziel war ich komplett am Ende aber überglücklich, weil ich wusste, dass ich an dem Tag nah an meiner aktuell bestmöglichen Leistung dran war. Das wurde noch getoppt, als ich erfuhr, dass wir im Team gewonnen hatten und ich mich persönlich auf dem fantastischen 15. Rang klassiert hatte.
Wie hast du dich auf dieses Rennen vorbereitet? Welches sind deine Tipps für Hobbyläufer?
Ich bin erst dieses Jahr auf Berglauf/Trailrunning umgestiegen. Für mich war am wichtigsten, meine Kraft mit spezifischen Übungen für den Berglauf zu verbessern. Vor dem Abwärtslaufen hatte ich zu Beginn grossen Respekt, da ich in den letzten 10 Jahren oft Probleme mit den Knien hatte. Es ist wichtig, sich langsam an diese Belastung zu gewöhnen. Am besten beginnt man zuerst damit, Up&Down-Strecken in den gemütlichen Dauerlauf einzubauen. Dies am besten auf weichen Trails anstelle von Asphalt - der Bewegungsapparat dankt – und man kann sich schrittweise an den unebenen Untergrund gewöhnen. Wenn das ohne Beschwerden klappt, kann man sich fortlaufend von Dauerläufen mit Fokus auf zügiges Abwärtslaufen bis zu Intervallen steigern. Zuletzt habe ich viele Up&Down-Intervalle gemacht, beispielsweise schnell 1’ bergauf, schnell 30’’ bergab, Pause und das mehrmals wiederholen. Keine Angst, es kann gut sein, dass sich eine solche Trainingseinheit noch anstrengender anfühlt als reine Intervalle bergauf. Und Muskelkater wird sich dann auch mal melden.
Vor wenigen Monaten warst du noch mit einer Herzmuskelentzündung ausser Gefecht. Was waren für dich die wichtigsten Erkenntnisse in dieser schwierigen Zeit?
In so einer Situation ist es unglaublich wichtig, den Ratschlägen der Fachpersonen zu folgen und – in meinem Fall – eine komplette Sportpause einzulegen. Nachdem ich das Okay für den Wiedereinstieg mit Sport erhalten habe, musste ich geduldig sein und den Körper in kleinen Schritten wieder an die «normale» Trainingsbelastung heranführen. Dies, um Rückschläge zu verhindern. Auch wenn es einem lächerlich vorkommt, aber am besten fängt man mit Intervallen an, bei welchen man die meiste Zeit spaziert und dazwischen mit Laufwiederholungen von 1’ beginnt. Wichtig ist auch, während dem Belastungsaufbau auf die Reaktion des Körpers zu achten. Zu Beginn ist mir der erhöhte Puls bei deutlich tieferer Dauerlauf Pace während den kurzen Wiederholungen enorm eingefahren. Mit dem Herz ist nicht zu spassen und da man nicht wie bei sonstigen Verletzungen Rückmeldungen in Form von Schmerzen bei Überbelastung erhält, ist es wichtig, geduldig zu sein und sich streng an die Vorgaben zu halten. Heute bin ich einfach unglaublich dankbar, dass mein Körper wieder im Stande ist, Höchstleistungen zu vollbringen, und ich bin mir zugleich sehr bewusst, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Welches sind in deinen Augen ganz grundsätzlich die 3 wichtigsten Punkte, die zum Erfolg führen?
Für mich persönlich ist die Leidenschaft und Freude für das, was ich tue, sehr wichtig. Das motiviert mich fürs Training und gibt mir auch den nötigen Biss, wenn es hart wird. Daneben ist eine gewisse Zielstrebigkeit wichtig, um eine möglichst gute Kontinuität im Training zu erzielen und einen Grund zu haben, auch die Trainings zu absolvieren, die einem weniger Freude bereiten. Bedeutend ist zudem, eine gesunde Beziehung zum Erfolg zu pflegen. Am besten verbindet man Erfolg nicht nur mit leistungsorientierten Zielen und Platzierungen, denn man kann nur seine eigene Leistung beeinflussen.
Gibt es einen Geheimtipp aus dem Bereich Training, Material, Ernährung oder Erholung, den du uns preisgeben kannst?
Wie bereits zuvor erwähnt, ist für die mentale Ebene elementar - die Freude am Sport nicht ausser Acht zu lassen. Kommt sie zu kurz, ist es möglicherweise Zeit für eine Trainings- und Wettkampfpause. Das gibt eine Gelegenheit, über die Frage zu reflektieren, «Warum laufe ich eigentlich/ was treibt mich an?» und herauszufinden, wie die Freude und Leidenschaft wieder entfacht werden kann.
Wir danken Rea Iseli für die interessanten Antworten.
Mehr Infos zu Rea Iseli gibt es hier.
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