Interview mit Simon Ruff

3. August 2020

Simon Ruff, der Ultracycling Weltmeister von 2011 und 2018, hat einen neuen Rekord für die Ost-West-Durchquerung der Schweiz aufgestellt. Gestartet in Martina erreichte er das Ziel in Genf nach 500 Kilometern und 15 Stunden und 52 Minuten im Sattel mit einem Stundenmittel von 31.86 km/h.

Wie hast du «deinen» Tag quer durch die Schweiz erlebt? Kannst du uns Einblick in dein «Rennen» und deine Gefühlswelt geben?

Es war eher meine Nacht quer durch die Schweiz. Ich habe mich bewusst für die Fahrt während der Nacht entschieden. Speziell war die Situation am Start, da ich an diesem Event ohne Mitstreiter startete. Der Start verlief dadurch definitiv ruhiger als bei den normalen Ultracycling-Rennen. Zu Beginn von Martina bis zum Flüelapass gab es noch ein wenig Nieselregen. Doch der Regen hielt mich nicht vom Vorhaben ab, und ich habe direkt einen guten Rennrhythmus gefunden.

Das Fahren durch die Nacht geniesse ich jeweils sehr - die Ruhe, wenig Verkehr, die Atmosphäre - einfach eine spezielle Stimmung, die mich pusht. Entsprechend habe ich mich gefreut. Jedoch war es dieses Mal nicht so einfach, da die Strecke von Sargans bis nach Solothurn flach und monoton war. Auf dieser Route die Konzentration und die Motivation zu bewahren, war nicht immer einfach.

Gefreut habe ich mich auf Biel, die total andere Landschaft in der Westschweiz sowie die ersten Sonnenstrahlen. Ab diesem Zeitpunkt war mir definitiv klar, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ich Chancy erreichen werde. Die positive Gefühlslage in mir ermöglichte es, dass ich nochmals an Geschwindigkeit zulegen konnte.

Es war ein Rennen gegen die Zeit. Trotzdem war der Zieleinlauf sehr emotional, da etliche Familienmitglieder wie auch Freunde auf meine Zielankunft gewartet haben. Zudem bin ich immer wieder überrascht, wie toll ich am Strassenrand angefeuert werde.

Wie bereitet man sich auf eine solche Herausforderung vor?

Ultracycling ist eine spezielle Disziplin im Radsport. Es gibt keine Profis in der Schweiz, und wir alle betreiben dies als Hobby. Der Zeitaufwand fürs Training ist jedoch nicht zu unterschätzen und liegt in Spitzenwochen bei 20 bis 25h.

Ich trainiere viel im Grundlagenbereich und spule an Wochenenden viele Kilometer ab. Während der Woche teile ich mir das Ganze ein, damit ich Familie, Arbeit, Studium und Training unter einen Hut bringe. Es sind aber definitiv ein gutes Zeitmanagement und viel Verständnis von der Familie gefragt.

Da wir schon an vielen Ultracycling-Rennen teilgenommen haben, sind wir - mein Team und ich - ein eingespieltes Team. Ich persönlich habe einen VW Bus, und alles, was zu einem solchen Rennen benötigt wird, wird im Bus verstaut. Wichtige Sachen, die in den Bus gehören: Verpflegung, Kleidung, Ersatzlichter, Ersatzfahrrad, usw. Ideal ist es, wenn das Betreuerteam aus drei Personen besteht (Fahrer, Ersatzfahrer und einer, der meine Wünsche erfüllt).

Ohne Saft, keine Kraft… Wie hast du dich während den 500 Kilometern verpflegt? Flüssigkeit und Energie nach einem strikten Plan oder nach Lust und Laune?

Hier arbeite ich intensiv mit den Gründern von WOO zusammen. Ein spezielles Ernährungskonzept in flüssiger Form, welches mich ab dem ersten Moment überzeugt hat. Ich versuche mich so lange wie möglich an die Vorgaben zu halten und die Mengen pro Stunde gemäss Plan zu verzehren. Halte ich mich nicht mehr an die Vorgaben, werde ich von den Teammitgliedern entsprechend informiert. Die Ernährung während dem Wettkampf ist extrem wichtig.

500 Kilometer oder 15 Stunden nonstop sind für viele unvorstellbar. Welches sind deine drei wichtigsten Trainingstipps, damit sich Freude und Leistungsfähigkeit eines Gümmelers weiterentwickeln?

Spass und Leidenschaft am Radfahren sind aus meiner Sicht die wichtigsten Elemente, um erfolgreich zu sein. Setzt man sich dann noch ein Ziel und verliert dieses nicht aus den Augen, hat man schon vieles richtig gemacht!

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst?

Konsequent mit sich selber sein! Ein Beispiel: Wenn ich mir eine Trainingsrunde festlege, fahre ich diese auch zu Ende. 

Foto: ZVG