Interview mit Sven Montgomery
Während 9 Jahren fuhr Sven Montgomery im Peloton der stärksten Radprofis mit. Er galt als Berg- und Rundfahrtenspezialist, dessen Karriere leider vom Sturzpech überschattet war. Seinen Höhepunkt erlebte er 2001, als er im Rahmen der Tour de France das „Dach der Tour“, den Col du Tourmalet, als Erster überquerte.
Du bist während 9 Jahren als Profi für mehrere renommierte Teams gefahren. Was würdest du heute anders machen, wenn du das Rad der Zeit zurückdrehen könntest?
Im Nachhinein ist man natürlich immer kluger. Gewisse Sachen würde ich sicher anders. So würde ich zum Beispiel weniger häufig die Mannschaft wechseln und stattdessen ein gutes, vertrautes Umfeld, in dem ich mich wohl fühle, über den monetären Aspekt stellen. Als junger Radrennfahrer strebte ich nach immer grösseren Teams. Zu spät realisierte ich, dass mich das leistungsmässig nicht weiterbrachte.
Weiter würde ich im fahrtechnischen Bereich mehr investieren und nicht nur Radfahren, sondern mich möglichst lange polysportiv ausbilden. So ist man nie limitiert und kann die persönlichen Grenzen weit verschieben.
Du bist seit 5 Jahren beim Verband tätig. Wo ortest du Entwicklungspotential für den Schweizer Radsport?
Entwicklungspotential gibt es natürlich überall. Die Trainer der Nationalmannschaften, der Regionalkader und in den aktiven Vereinen leisten grossartige Arbeit. Unser Hauptproblem liegt aber darin, dass uns die Breite an der Basis fehlt. Unsere grossartigen Erfolge in allen Disziplinen täuschen darüber ein wenig hinweg. Der Fokus bei der Entwicklung des Schweizer Radsports muss in den nächsten Jahren bei der Stabilisierung der Nachwuchsarbeit liegen, ohne dass man die Arbeit mit den Spitzenathleten vernachlässigt.
Du hast den Radsport aus verschiedenen Positionen verfolgt: Als Rennfahrer, Veranstalter, Radsportexperte beim Schweizer Fernsehen und als Radsportfunktionär bei Swiss Cycling. In welchen Bereichen hat sich der Radsport in den letzten Jahren am meisten entwickelt?
Die Trainingsmethodik und –analyse hat sich definitiv am meisten entwickelt. Wattmesssyteme haben sich flächenmässig durchgesetzt. Sportliche Leiter sind immer im Bilde, was ihre Teammitglieder trainieren und wo sie gerade unterwegs sind.
Es wird ganzheitlicher und intelligenter trainiert. Während wir früher rudimentäre Angaben erhielten, gibt es jetzt wissenschaftlich fundierte Hinweise über die Dauer und Intensität jedes Trainings. In allen Bereichen wurde viel investiert. So zum Beispiel auch im Bereich des Materials, obwohl die UCI da sehr restriktiv unterwegs ist.
Welches sind deine Tipps für Hobbyfahrer für eine erfolgreiche Radsportsaison?
- Steter Tropfen höhlt den Stein. Wer ganzjährig trainiert – auch wenn es nur kurze Einheiten sind – ist im Vorteil. Mit einer Intensivwoche holt man nicht Verpasstes nach. Sprich, was im Winter verpasst wird, kann im Sommer kaum mehr nachgeholt werden.
- Damit das Training auch wirklich wirkt, sollte man ausreichend lange Pausen zwischen den einzelnen Trainings machen.
- Es sollte nie vergessen werden, dass das Radfahren „nur“ ein Hobby ist.
- Die Arbeitszeit muss auch als Belastung miteinberechnet werden, wenn das verkraftbare Mass berechnet wird.
- Die Rumpfstabilität sollte ganzjährig vorbeugend gepflegt werden. Es braucht nicht den Gang ins Fitnessstudio. Das eigene Körpergewicht reicht in der Regel völlig aus.
Foto: ZVG
Wir danken Sven Montgomery für die spannenden Antworten.
Das könnte dich auch interessieren