Langsam schneller werden
Egal, ob man viermal oder 14 Mal pro Woche trainiert: Das Ziel sollte stets sein, 80 % des Trainings mit tiefer und 20 % mit hoher Intensität durchzuführen. Dies empfiehlt Dr. Stephen Seiler, einer der weltweit führenden Sportphysiologen von der Universität Agder in Norwegen. Dabei handelt es sich nicht um die Trainingszeit, sondern um die Anzahl der Einheiten, die zu 80 % mit tiefer und zu 20 % mit hoher Intensität absolviert werden sollen.
Die Praxis sieht jedoch oft anders aus. Viele Freizeitläuferinnen und -läufer haben das Gefühl, dass sie, wenn sie schon einmal Zeit zum Trainieren finden, aufs Gaspedal drücken müssen. So kommt es, dass sie weder genügend langsam, noch richtig schnell unterwegs sind, sondern irgendwo in einem mittleren Bereich belasten. Anfangs verbessern sie sich damit, dann stagnieren sie jedoch. Das Problem ist, dass sie stets zu erschöpft sind, wenn die hochintensiven Trainingseinheiten anstehen.
Führt 80:20 zum Ziel?
Warum sollte man also dieses extreme Verhältnis von 80:20 anstreben? Sollte man nicht schnell laufen, wenn man schneller werden will?
Laufen mit niedriger Intensität trainiert das Herz-Kreislauf- und Atmungssystem, effizienter zu arbeiten. Dadurch kann man bei Läufen mit höherer Intensität mit weniger Anstrengung laufen. Zusätzlich trainieren langsame Läufe die langsam zuckenden Muskelfasern, die das aerobe Training ermöglichen. Sie fördern Anpassungen, die uns zu besseren Ausdauerläuferinnen und -läufern machen. Werden solche Läufe also nicht ausreichend in den Trainingsplan integriert, wird die für Langstreckenläufe erforderliche aerobe Belastung nicht erreicht.
Im Gegensatz dazu belasten sowohl mittleres als auch hochintensives Training den Körper zu stark, um in grossen Mengen durchgeführt zu werden. Das Verletzungsrisiko steigt und die Erholungsphase dauert deutlich länger. In der Regel ist man bei der nächsten hochintensiven Trainingseinheit noch nicht ausreichend erholt, um die nötige Leistung für den gewünschten Trainingseffekt zu erbringen.
Was bedeutet das für die Praxis?
- Seiler betont, dass die 80:20-Aufteilung als Richtlinie und nicht als strenge Regel zu verstehen ist. Er kann auch mit einer Aufteilung von 85:15 oder 75:25 leben.
- Die Regel basiert auf Kategorien. Eine Trainingseinheit ist entweder schwer oder leicht. Beinhaltet eine Trainingswoche vier Einheiten und eine davon ist ein Intervalltraining oder ein Tempodauerlauf, so ist das eine Aufteilung von 75:25.
- „Hart” bedeutet nicht, dass man sich komplett abschiessen muss. 90 bis 95 Prozent reichen aus und haben den Vorteil, dass man sich schneller erholt.
- Einheiten mit geringer Intensität sollten vor und nach harten Anstrengungen durchgeführt werden. Dies gilt insbesondere für Athletinnen und Athleten ab 50 Jahren, da diese zwischen intensiven Einheiten längere Erholungsphasen benötigen.
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