Pacing auf Trails
Foto: Andreas Gonseth
Bergauf pocht der Puls, bergab brennen die Oberschenkel – Trailrunning verlangt dem Körper einiges ab. Doch nicht nur die Muskulatur wird gefordert, auch die kluge Einteilung der Kräfte und vor allem das passende Pacing entscheidet darüber, wie gut man im Gelände vorankommt.
Wer die Kunst des Pacings beherrscht, läuft nicht nur effizienter, sondern auch mit mehr Freude – egal ob im Training oder im Wettkampf. Eine gute Selbsteinschätzung ist dabei das A und O.
Im Training kann eine einfache Faustregel helfen: Durchschnittliche Trailläufer:innen sind ungefähr doppelt so schnell wie Wandernde – die Zeitangaben auf den Schweizer Wandertafeln lassen sich also in etwa halbieren.
Für Wettkämpfe gilt: Pro 100 Höhenmeter im Anstieg rechnet man rund 600 bis 700 zusätzliche „flache“ Meter. Wer also zum Beispiel einen Kilometer mit 100 Höhenmetern bewältigen muss, benötigt etwa so viel Zeit, wie für 1,6 bis 1,7 Kilometer in der Ebene nötig sind.
Apps können helfen
Trainings-Apps wie Strava oder Komoot können helfen, realistische Zeiten zu berechnen. Komoot hat eine integrierte Filterfunktion für unterschiedliche Leistungsstufen von «nicht trainiert» über «gut in Form» bis «Profi-Niveau» und spuckt entsprechend eine geschätzte Tourenzeit aus. Nach einigen Touren weiss man ziemlich genau, welche Leistungsstufe zur persönlichen Laufzeit passt. Bei der Aufzeichnung auf Strava lernt das App aus den gemachten Touren und kann so die Leistungsfähigkeit immer besser einschätzen, was bei der Planung eine genauere Zielzeit ergibt.
Herzfrequenz, Tempo & Gefühl
Im Flachen kann man das Tempo oft präzise über das Tempo oder die Herzfrequenz steuern – am Berg hingegen funktioniert das nur bedingt. Der Puls reagiert stark auf Steigungen, die Pace sagt wenig über die tatsächliche Belastung aus. Deshalb ist das Körpergefühl im Trailrunning ein entscheidender Faktor. Wer regelmässig im Gelände trainiert, entwickelt mit der Zeit ein Gespür dafür, welche Intensität über längere Strecken durchhaltbar ist.
Statt starr auf Zahlen zu achten, lohnt es sich, bewusst auf die eigene Atmung, Schrittfrequenz und Muskelbelastung zu achten. Die Intensität wird zum wichtigsten Gradmesser – und ein gutes Pacing zur Gewohnheit.
Laufen oder Gehen – das richtige Mass finden
Wenn es steil bergauf geht, ist es völlig normal – und oft sinnvoll –, ins Gehen zu wechseln. So wird die Belastung dosiert, die Muskulatur unterschiedlich beansprucht und extreme Peaks in der Herzfrequenz können vermieden werden. Besonders auf langen Anstiegen lohnt sich ein rhythmischer Wechsel zwischen Laufen und Gehen. Wichtig dabei: Immer wieder für kurze Abschnitte in den Laufschritt zurückfinden – das hilft, den Oberkörper aufzurichten und in den „Flow“ zu kommen. Wer beim Gehen die Hände auf die Oberschenkel stützt, kann den Krafteinsatz noch ökonomischer gestalten.
Die Strecke kennen – klug einteilen
Ein oft unterschätzter Schlüssel zum erfolgreichen Pacing ist die Streckenkenntnis. Wer weiss, wann der nächste Anstieg oder die nächste Verpflegungsstelle kommt oder wie lange der Downhill dauert, kann seine Kräfte gezielter einteilen. Viele Veranstalter stellen detaillierte Höhenprofile zur Verfügung – diese kann man ausdrucken und sich beispielsweise auf den Unterarm kleben. Ebenfalls wichtig ist es, anhand von Erfahrungswerten und Umrechnungsformeln seine ungefähre Endzeit für einen Trailwettkampf im Voraus zu schätzen, damit man weiss, wie man die Distanz einteilen kann. Auch das mentale Durchspielen der Strecke im Vorfeld hilft, Überraschungen zu vermeiden und Reserven richtig zu planen.
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