Schneller werden braucht Geduld

19. Juli 2018

 

Wer regelmässig an Läufen teilnimmt, bei dem verschieben sich über die Zeit die Prioritäten: Entweder man will weiter laufen und die Distanz steigern, oder über die gleiche Distanz so schnell schneller werden. 

Aber wie anstellen? Wer statt drei Lauftrainings à 50 Minuten neu einfach fünfmal 50 Minuten läuft und sonst alles gleich macht, wird sich kaum verbessern. Das ist wie beim Kochen. Wer sein geliebtes Menü einfach jeden Tag kocht, wird es schlussendlich nicht besser hinzaubern, sondern bloss effizienter in seinen Handgriffen werden. 

Neue Zutaten bringen Tempo ins Spiel

Das Grundrezept in Sachen Schnelligkeit lautet: Wer schneller werden will, muss ab und zu auch im Training schneller laufen. Tönt simpel, ist aber nicht ganz einfach. Das Lauftempo steigt mit vielen schnellen Trainings zwar relativ rasant an, doch schneller laufen bedeutet nicht nur viel Gewinn, sondern auch eine erhöhte Beanspruchung des Bewegungsapparates und gleichzeitig eine grössere Belastung des Stoffwechsels und des Immunsystems. Schnelle, intensive Läufe zehren den Körper aus, wenn man dazwischen nicht genügend Erholungszeit einplant. Die Schnellmacher dürfen auch nicht zu oft angewendet werden: Als Richtlinie gilt das Verhältnis 1:3 von intensiven und langsameren Einheiten. Zudem gilt: Durch die erhöhte Belastung von Muskeln, Sehnen und Gelenke sollten dieselben mit begleitenden Massnahmen wie Kräftigung und Stretching gepflegt werden. 

Speed braucht ein solides Fundament

Ein Läufer sollte seinen Formaufbau planen wie einen Hausbau. Am Fundament beginnen, langsam die Mauern hochziehen, Stockwerke und Terrassen darauf bauen und am Schluss erst folgen Dachstock und Balkon. Und wie bei einem Haus müssen die Mauern und das Fundament ständig instand gehalten werden, wenn man oben keine Folgen befürchten will. Der läuferische Hausbau beinhaltet zwei Grundpfeiler: Die umfassende Förderung des Herz-Kreislaufsystems und regelmässiges Krafttraining.

Ob Krafttraining an Geräten, mit freien Gewichten oder dem eigenen Körpergewicht, ist Geschmackssache und abhängig von den konkreten Zielen. Das Entscheidende dabei ist, das Krafttraining regelmässig in den Trainingsalltag zu integrieren. Die Leistungssportler dienen dabei als Vorbilder. Denn international gibt es keine Spitzenläufer, die über mehrere Jahre an der Spitze mitlaufen und nicht neben dem Lauftraining viele begleitende Massnahmen wie Kräftigungsübungen ausführen.

 

Beim Training des Herz-Kreislaufsystems gibt es eine gesundheitliche Herangehensweise und eine sportliche, bei der man schneller werden will. Wer sich rein gesundheitlich bewegen will, ist mit den Intensitätsstufen 1-3 bereits gut bedient, wer hingegen schneller werden will, sollte auch die Intensitätsstufen 4-5 in seinen Sportalltag integrieren. 

Stufe 1 = Walking/Long Jog
Stufe 2 = Dauerlauf leicht
Stufe 3 = Dauerlauf mittel bis zügig; leichtes Fahrtspiel
Stufe 4 = Dauerlauf schnell, schnelles Fahrtspiel, extensives Intervall, Tempodauerlauf
Stufe 5 = Intensives Intervall, kurzzeitig Phasen in Wettkampf

Die Schnellmacher

Fahrtspiele: Die Idee des Fahrtspiels wurde 1930 vom schwedischen Nationaltrainer Gustaf "Gösse" Holmér entwickelt und gilt noch heute als eine der wirkungsvollsten Trainingsformen für den Mittel- und Langstreckenlauf. In der Trainingspraxis haben sich im Wesentlichen zwei Varianten mit diversen Abwandlungen herausgebildet: 

  • Beim «Geländefahrtspiel» passt man die Belastungen und Erholungen dem sich bietenden Gelände an. Ich laufe zum Beispiel den Hügel schnell hoch und erhole mich dann anschliessend auf der Ebene. Oder ich laufe bis zur kleinen Waldhütte mit hoher Geschwindigkeit und schlage dann bis zur nächsten Kurve ein langsameres Tempo ein. Die Intensität der Belastung ist in stetiger Veränderung, das Training dadurch sehr abwechslungsreich. Und der Körper wird immer wieder mit neuen Inputs gefordert.
  • Beim «programmierten Fahrtspiel» wechseln sich anhand der Uhr schnellere und langsamere Abschnitte ab. Ähnlich dem Intervalltraining, nur sind beim Fahrtspiel die Belastungen deutlich kürzer.

Intervalltraining: Das Intervalltraining gilt als DAS „Wundermittel“, wenn es darum geht, das Lauftempo zu verbessern. Beim Intervalltraining werden die einzelnen Belastungsphasen und die dazwischen liegenden Pausen klar definiert. 

Beim extensiven Intervalltraining wird die Intensität gerade so hoch gewählt (Intensitätsstufen 3 und 4), dass die schnellen Abschnitte häufig wiederholt werden können und nur durch kurze Pausen unterbrochen werden müssen. Also zum Beispiel 8 x 3 Minuten im schnellen Tempo und dann 90 Sekunden Trabpause. Die Gesamtdauer der schnellen Abschnitte beträgt bei einem extensiven Intervalltraining rund 20 bis 30 Minuten.

Beim intensiven Intervalltraining ist das Lauftempo höher (Stufen 4 bis sogar 5) als beim extensiven Intervalltraining und dementsprechend werden die Pausen länger gewählt (Beispiel: 10-mal 400 Meter schnell mit 2 Minuten Pause). Man kann aber beim Intervalltraining auch mit dem Herzschlag arbeiten, z. B. 400 Meter schnell laufen und dann so lange marschieren, bis der Puls unter ein bestimmtes Niveau (z. B. 120) fällt, dann wieder schnell laufen usw. Intervalltraining verbessert durch das hohe Tempo die Konzentration und den Fokus auf die Lauftechnik. Intervallformen kann man auf der Bahn, auf der Strasse oder auch im Gelände auf abgemessenen Strecken durchführen. Ein gesamtes Intervalltraining dauert mit Aufwärmen und Auslaufen rund eine Stunde. Die Gesamtdauer der schnellen Abschnitte beträgt bei einem intensiven Intervalltraining rund 10 bis 15 Minuten.

Hügelläufe: Eine spezielle Form des Intervalltrainings sind die Hügelläufe. Sie stellen besonders hohe Anforderungen an die lokale Muskelausdauer und an den Kreislauf. Ein mögliche Variante kann sein: 12-mal 300m zügig bergauf laufen. Dann Pause solange es braucht, bis man wieder locker an den Ausgangspunkt zurückgejoggt ist. Dann folgt erneut ein zügiger Hügellauf. 

Steigerungsläufe: Vor einer intensiven Belastung (als Vorbereitung) oder nach einem Dauerlauf (als Rhythmuswechsel) empfiehlt es sich, 2 bis 3 Steigerungsläufe zu absolvieren. Über eine Distanz von 100 – 120 m wird kontinuierlich das Lauftempo erhöht, um dann die letzten 20 Meter in submaximalen Tempo zu absolvieren und danach langsam abzubremsen.

 

 

 

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