Sportgetränke – Isotonisch oder hypotonisch? Was und wie viel?

Paolo Colombani 12. Juli 2017

Ein ideales Sportgetränk soll möglichst rasch Flüssigkeit und Kohlenhydrate zur Unterstützung der sportlichen Leistung liefern. Bereits in einem frühen Buch zur Sporternährung aus dem Jahre 1939 hiess es, ein solches Getränk soll eine ähnliche Zusammensetzung wie das Blut haben. Die Idee der isotonischen Sportgetränke war somit geboren.

Sicher bis zum Beginn der Ära der modernen Sportgetränke in den 1970er und 1980er Jahren galten isotonische Getränke als ideal für den Sport. Das Merkmal «isotonisch» wurde entsprechend gerne in der Vermarktung genutzt. Was genau ist aber ein isotonisches Getränk? Und sind isotonische Sportgetränke wirklich ideal für den Sport?

Der Begriff isotonisch stammt aus der Biologie. In den Zellen wie auch im Blut aller Lebewesen schwirren diverse Stoffe umher. Das bekannteste Beispiel beim Menschen ist der Blutzucker. Die schlichte Anzahl dieser Stoffe nennt man Osmolalität. Wenn jetzt zum Beispiel das Blut, das gerade durch die Muskeln fliesst, und die umflossenen Muskelzellen die gleiche Osmolalität aufweisen, so sind Blut und Muskelzellen isotonisch zueinander («iso» bedeutet gleich). Würden in den Zellen weniger Stoffe herumschwimmen, wären die Zellen hypotonisch im Vergleich zum Blut («hypo» bedeutet unter, darunter). 

Die Begriffe isotonisch oder hypotonisch beschreiben somit immer das Verhältnis zweier benachbarter Flüssigkeiten. Bei Getränken wird jeweils das Verhältnis zum Blut beschrieben. In einem isotonischen Getränk schwirrt demnach die gleiche Anzahl an Stoffen herum wie im Blut.

Wieso isotonisch?

Isotonische Getränke sollen im Dünndarm schneller als andere Getränke aufgenommen werden und daher rascher ins Blut gelangen. Entsprechend würden die Muskeln früher von den Stoffen profitieren, die in einem solchen Getränk enthalten sind: in erster Linie Wasser und Kohlenhydrate. Die Frage ist aber, werden isotonische Sportgetränke wirklich rascher aufgenommen? 

Die Aufnahmegeschwindigkeit von Getränken wurde in vielen Studien direkt gemessen. Diese kamen schon 1999 zum Schluss, dass hypotonische Getränke eine raschere Wasseraufnahme im Dünndarm bewirken als isotonische Getränke. Konkret: Ein Getränk mit einer Osmolalität von 200-250 mmol/kg wird im Dünndarm schneller aufgenommen als ein isotonisches Getränk. (Isotonisch wie das Blut wäre ein Wert von rund 280 mmol/kg.) Hypertonische Getränke ab rund 300 mmol/kg werden noch langsamer aufgenommen.

Somit sind nicht isotonische, sondern hypotonische Getränke ideal für den Sport. Seit dem 1. Mai 2017 ist diese Erkenntnis auch in die Gesetzgebung für Lebensmittel eingeflossen: Getränke mit weniger als 260 mmol/L dürfen als hypotonisch bezeichnet werden. Auch wenn hypotonische Getränke somit ideal sind, der Unterschied zu isotonischen Getränken ist nicht riesig. Wer also nicht ein absoluter Perfektionist ist und nicht die maximale Leistung erreichen muss, kommt auch gut mit isotonischen Getränken über die Runden.

Was und wie viel?

Für intensive sportliche Leistungen von mehr als rund 45 bis 60 min am Stück und wenn die Leistung im Vordergrund steht, machen Sportgetränke durchaus Sinn. Bei kürzeren Belastungen reicht Wasser aus. Und während sicher bis in die 1960er Jahre die Empfehlung «gar nichts trinken» lautete, gelten heute im Sport etwa 0.4 bis 0.8 L/h als Grundempfehlung. In warmen Situationen mit höherem Schweissverlust kann man ruhig Richtung obere Grenze gehen und vielleicht sogar ein wenig mehr trinken. Aber nicht viel mehr. Sonst könnte man während der Belastung mehr trinken als man schwitzt. Im Ausdauersport sollte man aber auch nicht mehr als 4 % des Körpergewichts in Form vom Schweiss verlieren. Denn sonst ermüdet man schneller und die Belastung wird als anstrengender empfunden. Bei anderen Sportarten liegt die Grenze bei rund 2 % des Körpergewichts. 

Im Ausdauersport funktioniert auch das Trinken gemäss Durst ganz gut. Aktuelle Empfehlungen geben das Trinken gemäss Durst dementsprechend als sinnvolle Alternative zu einer fixen Menge pro fixe Zeit an. Man kann im Training durchaus testen, welche Methode besser zu einem passt. 

Neben Wasser braucht es in einem Sportgetränk nur noch Kohlenhydrate – plus eine Prise Salz ab rund 2 Stunden Belastung. Ideal ist eine Mischung einer Quelle an Glucose (Traubenzucker, Maltodextrin) und an Fructose (Fruchtzucker, Haushaltszucker). Das perfekte Verhältnis wurde noch nicht ermittelt, etwas mehr Glucose als Fructose scheint aber sinnvoll zu sein. 30 bis 60 g Kohlenhydraten pro Stunde sind eine gute Menge, ab 3 oder 4 Stunden können es bis 90 g sein. Solch hohe Mengen müssen aber trainiert werden, da sie andernfalls zu Magendarmproblemen führen können. Jede neue Kombination von Wasser und Kohlenhydraten (auch über Gels) muss man im Training selbst ausprobieren. Denn die Verträglichkeit ist individuell unterschiedlich. Es ist daher nicht immer sinnvoll, blind von einem Top-Athleten oder von einer Top-Athletin zu kopieren. Die Top-Leute haben es auch nicht von anderen übernommen, sondern selbst ausprobiert.

Zusammengefasst für die Praxis

  • Sportgetränke mit Kohlenhydraten sind für intensive Leistungen ab 45-60 min sinnvoll
  • Zielmenge an Kohlenhydraten ist dann 30 bis 60 g/h
  • Hypotonische Sportgetränke werden etwas rascher aufgenommen als isotonische Sportgetränke
  • Trinkmenge gemäss Durst ist im Ausdauersport sinnvoll, alternativ arbeitet man mit 0.4-0.8 L/h
  • Schweissverluste bis etwa 4 % des Körpergewichts sind im Ausdauersport kaum leistungsmindernd
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