Interview mit Christian Kreienbühl

26. Mai 2021

Foto: zvg

Im vergangenen Herbst ging die erfolgreiche Karriere des 39-jährigen Christian Kreienbühl zu Ende. Wegen Corona etwas leiser, als er es verdient hätte, denn der Zürcher bestritt Olympische Spiele, eine WM und gewann bei seinen drei aufeinanderfolgenden EM-Starts zweimal eine Team-Medaille.

Sport ist eine Schule fürs Leben. Was nimmst du mit für den nächsten Lebensabschnitt?

Ich nehme vor allem eine grosse Dankbarkeit mit, sowie Erinnerungen, die sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt haben - und Laufausrüstung bis an mein Lebensende...

Natürlich bleiben langfristig auch Werte und Eigenschaften, die mich als Person geprägt haben. Zum Beispiel Durchhaltewillen, die Angewohnheit Ziele zu setzen und diese mit einem Team zusammen zu erreichen (oder zu verfehlen), Selbständigkeit und Eigenverantwortung, die Fähigkeit mit Stress, Nervosität, Niederlagen, Rückschritten, aber auch mit persönlichen "Grosserfolgen" umgehen zu können.

Und zu guter Letzt habe ich dank dem Sport Freundschaften fürs Leben geknüpft und meine Ehefrau kennen gelernt - womit wir wieder beim Thema Dankbarkeit wären.

Mit SHARE YOUR RUN hast du neben deinem Job als Product Owner und deiner Rolle als Familienvater eine neue Herausforderung gefunden, in die viel Herzblut fliesst. Kannst du uns mehr über dein Herzensprojekt verraten?

Ja, nach dem Rücktritt brauchte ich plötzlich viel weniger Schlaf. Es blieb viel Zeit und Energie, um eine Idee umzusetzen: Ein Marktplatz für Lauf-Erlebnisse. Ein Airbnb für Läufe.

Hast du dir beim Reisen (auch im Inland!) nicht auch schon gewünscht, dass dir ein*e Ortskundige*r die besten Laufrouten vor Ort zeigt? Dass du Land und Leute von einem*einer einheimischen Läufer*in aus erster Hand kennen lernen kannst? Auf unserer Plattform www.shareyourrun.com kann jede*r mit ein paar wenigen Klicks genau einen solchen Lauf buchen. So wird der Lauf zu einem Erlebnis!

Und das wirklich tolle an der Plattform: Man kann nicht nur buchen, sondern jede*r kann auch ganz einfach selber einen Lauf anbieten und so ein Sackgeld verdienen. (Den Preis bestimmt man selber.) Man braucht keine Coaching-Ausbildung, um jemandem seine Lieblingsstrecke zu zeigen und ein paar Tipps über die Gegend zu geben.

Wir Läufer*innen ticken ja alle ähnlich - es können also auch schöne Lauf-Freundschaften entstehen!

Was würdest du in deiner Läuferkarriere anders machen, wenn du das Rad der Zeit zurückdrehen könntest?

Ich würde versuchen den Moment noch mehr zu geniessen. Es ist nicht immer einfach, die tollen Situationen als solche zu sehen. Häufig sind sie eben auch ganz schnell wieder vorbei.

Geniessen ist besonders schwierig, wenn es einmal (wortwörtlich) nicht läuft. Als Läufer hadert man beispielsweise, wenn man verletzt ist. Alternativ-Training (z.B. Aqua Running oder Rennrad) ist dann eine Qual - die Höchststrafe. Ich würde mir wünschen, ich hätte damals vermehrt auch das Gute daran gesehen. Sich dem Sport widmen zu können ist nämlich ein riesiges Privileg.

Welches sind deine 3 wichtigsten Trainingstipps für Hobbyläufer?

  1. Die altbekannte 10% Regel: "Steigere deine wöchentlichen Laufumfänge nie um mehr als zehn Prozent." Wer diese Regel bricht, riskiert eine Verletzung. Und das ist (abgesehen von Hunden) fast das Einzige, was wir Läufer*innen fürchten.
  2. Weniger ist mehr. Ich denke, dass ambitionierte Läufer*innen zu schnell zu viel erreichen wollen und daher auch zu viel und zu schnell trainieren.
  3. Noch ein Wettkampftipp. Vielleicht übertreibe ich ein bisschen, aber: Noch nie in der Geschichte des Marathons ist jemand die erste Hälfte zu langsam angelaufen...

Kannst du uns einen Geheimtipp/Erfolgsrezept verraten?

Ich habe nie besonders schnell trainiert. Aber im Wettkampf konnte ich fast immer abliefern. Ich bin überzeugt, dass dies zusammenhängt. Wer im Marathon-Training stets zu viele Körner liegen lässt, hat keine mehr übrig, wenn es richtig zählt.