Interview mit Herbert Zahner

31. August 2021

Foto: alphafoto.com

Den Rekord für die schnellste Ost-West-Durchquerung der Schweiz hat er schon inne. Jetzt hat Herbert Zahner auch noch die Tortour gewonnen, das grösste mehrtägige Nonstop-Ultracycling-Rennen der Welt.

Wie hast du die Tortour erlebt?

Die Tortour war ein phänomenales Erlebnis für mich und für meine Betreuer. Ich konnte mein Rennen so fahren wie geplant und hatte nie den Kampf Mann gegen Mann, weil ich der Konkurrenz bereits auf den ersten Kilometern enteilt bin. Selbstverständlich bin aber auch ich mental und physisch an meine Grenzen gestossen, was angesichts der 1000 Kilometer nicht weiter erstaunt. Zwischendurch hatte ich mentale Tiefen zu überwinden und gegen Ende spürte ich meinen Nacken. Auch bei mir gab es auf dieser langen Reise Momente, während denen ich mich fragte, warum ich das mache. Darauf habe ich mich aber im Vorfeld eingestellt und hatte stets Lösungsstrategien bereit.

 

Wie bereitet man sich auf eine solche Herausforderung vor?

Eine solche Leistung ist nur mit guter Vorbereitung möglich. Und genau dies gibt die Sicherheit, dass man es meistern kann. Damit das Unterfangen ein Erfolg wird, gilt es folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Ausgedehnte Trainingsplanung mit vielen Kilometern
  • Mehrere Jahre auf höherem Niveau mit längeren Distanzen
  • Zusammenspiel von physischer Vorbereitung, Streckenkenntnis, Ernährung und Material
  • Ein eingespieltes kompetentes Betreuerteam

Insgesamt kommen pro Woche rund 500 km zusammen. Ich trainiere viel nüchtern am frühen Morgen (1-1.5h) auf der Rolle mit dem Ziel der Fettstoffwechseloptimierung und absolviere teilweise den Arbeitsweg mit dem Velo (63 km mit 800 Höhenmetern). Weiter fahre ich regelmässig Intervalle, harte Rennen auf Zwift und lange Distanzen, wobei ich diese auch relativ intensiv fahre. Schlussendlich absolviere ich noch Krafttraining für die Rückenmuskulatur, weil die Stabilität im Rumpf zwingend ist, um über viele Stunden im Triathlon-Lenker fahren zu können.  

Ganz allgemein kann ich sagen: Mein ganzes Training und das Tortour-Projekt ist mit meinem Umfeld abgestimmt. Nur so ist das überhaupt möglich.

1'000 Kilometer mit über 13'000 Höhenmetern oder 34 Stunden nonstop sind für viele schlicht unvorstellbar. Welches sind deine drei wichtigsten Trainingstipps, damit sich Freude und Leistungsfähigkeit eines Gümmelers weiterentwickeln?

  1. Sei es allein oder mit Kollegen, drinnen oder draussen, kurz, intensiv oder lang - Abwechslung im Training sorgt für Motivation und Steigerung der Leistung.
  2. Absolviere einen Leistungstest und steuere dein Training aufgrund dessen. So kannst du dein Leistungsniveau entwickeln und den Trainingsumfang über Jahre stetig steigern.
  3. Profitiere während Training und Wettkampf von den neuen Ernährungsformen. Sie unterstützen deine Leistung und sorgen dafür, dass du keine Leistungseinbusse hast.
 

Der Radsport wird immer technischer. Die Intensitäten werden aufgrund von Tests und Laborwerten bestimmt. Wie hast du dein Rennen über 1'000 Kilometer eingeteilt? 

Ich absolviere regelmässig Leistungstests, was mir Hinweise darüber gibt, wo ich in etwa stehe. Auf dem Rad fahre ich dann nach den entsprechenden Puls- und Wattwerten und teile mir mein Rennen so ein, dass ich schnell starte und die Leistung möglichst lange halte. Dabei passe ich die Intensität der Topografie an: Ich pushe am Berg und erhole mich während den Abfahrten. Aufgrund der langen Belastungsdauer kommt der Puls nach und nach auf ein tieferes Niveau, und ich erreiche dann nur noch Wattwerte um 200.

Einen ganz entscheidenden Anteil an meinem Erfolg hat mein auf Winforce basierendes Ernährungskonzept, das auf den Erfahrungen der letzten Jahre aufbaut. Ich nehme 90 Gramm Kohlenhydrate pro Stunde über das Getränk auf und weitere 15 Gramm mit einem Gel. Regelmässig führe ich Spurenelemente, Magnesium und Koffein zu und verhindere dadurch muskuläre Probleme. So kann ich die Leistung konstant über x Stunden hochhalten. Sporadisch gibt es noch Bouillon und Salzkartoffel sowie wenig Schokolade.

Gibt es einen Geheimtipp, den du uns preisgeben kannst? 

Es ist wichtig, nicht zu verbissen zu sein und stattdessen auf seinen Körper zu hören und sich auch Erholung zu gönnen. Insbesondere wenn ein konkretes Ziel verfolgt wird. Wer die Freude am Velofahren behält, darf sich darauf freuen, dass sich die Leistung verbessert.