Interview mit Marcel Guerrini
Im Sog von Nino Schurter und Mathias Flückiger ist mit Marcel Guerrini ein weiterer Schweizer in der Weltspitze angekommen. Der 29-Jährige überzeugte in den letzten drei Weltcuprennen mit zwei dritten und einem vierten Platz!
Mit Rang 5 an der Weltmeisterschaft hast du bereits letztes Jahr dein grosses Potenzial angedeutet. Dieses Jahr hat es sogar für Podestplätze gereicht! Kannst du mit uns auf deine Saison zurückblicken und uns einen Einblick in deine Erlebnisse und deine Gefühlswelt geben?
Der 5. Platz im letzten Jahr hat mir natürlich viel Selbstvertrauen gegeben. Ich wusste, dass ich es kann. Der Start in die Saison 2023 verlief nicht optimal. Ich wurde gleich zu Beginn der Saison krank, was mich einige Rennen gekostet hat. Trotzdem konnte ich die erste Saisonhälfte mit einem 9. Platz bei den Europameisterschaften und einer Top Ten Platzierung im Short Track Weltcup abschliessen. Nach der Sommerpause wurde ich an der WM solider 16. und am Weltcup in Andorra 13. Bis auf diese beiden Rennen stand ich danach an allen Weltcups und Schweizer Rennen auf dem Podest.
Vor allem die drei folgenden Podestplätze im Weltcup bedeuten mir sehr viel und zeigen, dass ich konstant an der Weltspitze fahren kann.
Dein Weg an die Spitze war nicht geradlinig und deine Karriere hing auch schon am seidenen Faden, als du zum Beispiel kein Team mehr oder Knieprobleme hattest. Was sind deiner Meinung nach die 3 wichtigsten Punkte, die zum Erfolg führen?
Durchhaltewillen, der Glaube an sich selbst und das richtige Umfeld.
Je erfolgreicher man ist, desto grösser werden der Druck und die Erwartungen. Wie gehst du damit um? Welche Tipps kannst du eventuell Hobbysportlern geben, die auch unter Nervosität vor Wettkämpfen leiden?
Druck positiv sehen. Warum hat man Druck? Meistens, weil man etwas erreicht hat und die Leute das Gleiche erwarten. Ich versuche den Druck in positive Energie umzuwandeln und fühle mich privilegiert in dieser Position zu sein. (z.B. Favorit für das Rennen zu sein)
Nervosität ist normal, und gehört dazu. Ich sage mir in solchen Situationen immer: Du brauchst nicht nervös zu sein. Ich bin perfekt vorbereitet und brauche keine Angst vor diesem Wettkampf zu haben. Auch vor dem Spiegel laut zu sich selbst zu sprechen, kann beruhigend wirken.
Die Saison ist so gut wie vorbei. Wie sieht dein Wintertraining aus und welche Tipps hast du für Hobbybiker?
Genau, ich bin noch auf dem Rad, aber ohne genauen Plan. Danach ist es aber sehr wichtig dem Körper mal 10-14 Tage komplette Ruhe zu gönnen, damit er sich erholen kann. Meistens erholt sich der Körper schneller als der Kopf, deshalb finde ich es wichtig, dass man in der Pause etwas macht oder hat, was nicht unbedingt mit Sport zu tun hat. So kann man den Kopf lüften und ist wieder motiviert, wenn es weitergeht.
Ich fahre viele lange “GA1“ Einheiten und 1 mal die Woche etwas Intensiveres. Was ich sehr wichtig finde ist, dass man die GA1 Einheiten konsequent durchzieht. Gerade bei Hobbysportlern sehe ich eine grosse Gefahr von zu schnellem Tempo bei den GA1 Trainings. Zudem kann natürlich auch ein gutes Rumpftraining nie schaden.
Ausserdem werde ich im Winter ca. 2-3 mal ins Trainingslager in den Süden fahren. Ernährungstechnisch werde ich im Winter sicher nicht zu viel Kaloriendefizit haben. Es schadet nicht, in den kälteren Monaten etwas mehr Reserven zu haben.
Gibt es einen Geheimtipp aus den Bereichen Training, Material, Ernährung oder Erholung, den du uns verraten kannst?
Konstanz. Ganz nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein. Sehr simpel, aber sehr schwer umzusetzen. Konstant trainieren, Tag für Tag über Wochen und Monate. Natürlich auch mit Ruhetagen, aber nicht mal 2 Wochen 30 Stunden und dann wieder 1 Woche nichts.
Keep it simple: Schläfst du 8 Stunden? Ernährst du dich ausgewogen? Überlege dir, ob du die einfachen Dinge richtig machst, bevor du in teure Geräte, leichteres Material etc. investierst. Diese Dinge machen die letzten Prozente aus.
Und ganz wichtig: keep it fun.
Foto: @andrinjanser & jcadosch
Wir danken Marcel Guerrini für die spannenden Antworten.
Mehr Infos zu Marcel Guerrini gibt es hier.
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